Schon vor fast einem halben Jahrhundert hockten Joe Heberley, Tommy Norton, Johnny Norton und Peter Perano so auf Klippen und starrten auf die Cook-Straße, die Meerenge, die die neuseeländische Nord- von der Südinsel trennt. Damals waren sie Walfänger. Heute stellen sie ihre scharfen Augen in den Dienst des Tierschutzes.
Ganz früh am Morgen kann man die Wale am besten entdecken, sagt Heberley. Das war auch früher so. Aber damals löste das Sichten eines Wales große Hektik aus: Die Männer stürzten den Hügel hinunter in ihre Boote, verfolgten die Wale mit Harpunen und tödlichen explosiven Speeren.
Seit vier Jahren arbeiten die ehemaligen Walfänger nun für die neuseeländische Naturschutzbehörde, beobachten und zählen zu Beginn des Winters auf der Südhalbkugel die nach Norden ziehenden Buckelwale. Trotz des seit 20 Jahren geltenden Moratoriums für den kommerziellen Walfang sind es weniger Tiere geworden. In jüngsten Jahren ist jedoch wieder eine leichte Zunahme zu verzeichnen.
Es geht nicht mehr ums Jagen, trotzdem packt die vier Männer heute genauso wie früher der Ehrgeiz, wenn sie Ausschau nach den Meeressäugern halten. Noch immer darf der, der als erster einen Wal sieht, eine Kerbe in seinen Holzstuhl ritzen. Das einzige, was sich geändert hat, ist die Farbe unserer Haare, sagt Heberley. Die haben großartige Augen, obwohl sie schon über 60 oder 70 sind, lobt die Meeresbiologin Nadine Gibbs von der Naturschutzbehörde.
An guten Tagen erlegten die Jäger damals drei Wale, aus denen dann in der Fabrik der Familie Perano Öl, Fleisch und andere Nebenprodukte gewonnen wurden. Bei Flut ließen sich die Wale wie Schafe in den Kanal treiben, erinnert sich Johnny Norton. In der Erinnerung der vier Männer ist die Arbeit als Walfänger die beste Zeit ihres Lebens. Das war der aufregendste Job, den ich je hatte, sagt Norton. Ein Teil der Aufregung lag in der Gefahr, die es bedeutete, die bis zu 16 Meter langen und 36 Tonnen schweren Buckelwale in der für ihre wilde See berüchtigten Cook-Straße zu jagen.
Durch mehrere Generationen hindurch waren die Heberleys, Nortons und Peranos Walfänger. Der Walfang in Neuseeland reicht zurück bis zu den ersten Siedlern aus Europa zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Das beste Jahr der vier Walfänger war 1960, als sie 226 Buckelwale töteten. Aber illegale Jäger aus der Sowjetunion trugen dazu bei, dass die Zahl der Wale rund um Neuseeland stark zurück ging. Binnen zwei Jahren fielen ihnen zu Beginn der sechziger Jahre schätzungsweise 25.000 Tiere zum Opfer. 1961 fingen die Peranos bereits nur noch 55 Tiere, dann 24 und 1963 schließlich nur noch neun. Ende 1964 schloss die letzte neuseeländische Walfangstation für immer.
Jetzt setzen sich die ehemaligen Walfänger aus voller Überzeugung für den Tierschutz ein, Neuseeland ist führend in der Internationalen Walfangkommission. Sobald ein Wal gesichtet wird, segeln die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde zu dem Säuger, fotografieren ihn und nehmen eine Gewebeprobe für eine DNA-Datenbank. Statt Harpunen haben die Boote der Umweltschützer heute Kameras an Bord.