Vor einigen Tagen haben die Behörden ein Essverbot für Fische aus der Rhone auf einen Flussabschnitt von 300 Kilometer ausgeweitet.
Das gilt auch für abzweigende Kanäle des Flusses. Dies ist eine der schlimmsten Wasserverschmutzungen in Frankreich, sagt der Vizepräsident des französischen Natur- und Umweltverbands, Alain Chabrolle.
Eine Laboranalyse hat ergeben, dass die Rhone-Fische über Jahrzehnte hochgiftige Schadstoffe angereichert haben, sogenannte polychlorierte Biphenyle (PCB). Diese Chlorverbindungen werden von den Vereinten Nationen zu den zwölf besonders gefährlichen Schadstoffgruppen, dem dreckigen Dutzend, gezählt. Wenn Menschen sie mit der Nahrung aufnehmen, kann das auf Dauer zu Unfruchtbarkeit, Entwicklungsstörungen und möglicherweise sogar Krebs führen.
In den 80er Jahren wurde PCB vor allem in Transformatoren und als Weichmacher für Kunststoffe benutzt. Die PCB-Vermarktung wurde 1987 verboten. Dennoch dürfen die Verbindungen in Transformatoren, Kondensatoren und Batterien in Frankreich noch bis 2010 im Umlauf sein.
Baden und Wassersport sind in der Rhone weiterhin erlaubt, denn im Wasser selbst ist die Menge der PCB, die sich überwiegend in Ablagerungen auf dem Grund des Flusses anhäufen, äußerst gering. Anders ist es bei den Lebewesen: Die äußerst stabilen Schadstoffmoleküle, die Fabriken damals legal in die Rhone leiteten, sind über die Nahrungskette ins Fettgewebe der Fische gelangt. Wenn diese PCB-haltigen Fische gefressen werden, reichen sie die Schadstoffe weiter. So erhöht sich der Vergiftungsgrad der Fische auch nach 20 Jahren noch, obwohl das Wasser selbst harmlos ist. Im Juni schätzten die Behörden, dass der PCB-Wert in einigen Fischen siebenmal über dem von der Weltgesundheitsorganisation festgelegten Schwellenwert liegt.
Nachdem mehrere Umweltverbände Klage gegen unbekannt eingereicht hatten, gab die Region Rhone-Alpes nun bei den Umweltämtern und der französischen Agentur für Lebensmittelhygiene Untersuchungen in Auftrag. Es gebe zahlreiche Ursachen, sie lägen außerdem lange zurück und seien nur schwer festzustellen, heißt es in dem offiziellen Vorbericht. Das Rhone-Gebiet mit der Hauptstadt Lyon ist ein wichtiges Industriezentrum.
Die Recyclinganlage Tredi Saint-Vulbas im Departement Ain gilt als eine mögliche Ursache der Wasserverschmutzung. Die Anlage für gefährliche, nicht-radioaktive Abfälle verarbeitet unter anderem PCB-haltige Geräte, die heute noch im Umlauf sind. Doch auch Batterien, die in den Fluss geworfen werden, setzen PCB frei.
Für viele Angler an der Rhone ist das eine Katastrophe. Das Problem ist schon mehr als zwanzig Jahre alt, aber die Behörden haben immer die Augen verschlossen, sagt Jean-Pierre Faure vom regionalen Angler- und Wasserschutz-Verband. Er wirft den Behörden ökologisches Versagen vor. Erst Ende vergangenen Jahres handelten die Behörden. Zunächst wurde in Lyon verboten, dort gefangene Rhone-Fische zu essen. Vier weitere Departements folgten bis Juni. Seit vergangenem Jahr hat der Anglerverband zehn Prozent seiner Mitglieder verloren.
Die Wasserverschmutzung scheint in Frankreich kein Einzelfall zu sein: PCB fänden sich unter anderem auch in der Loire, der Mosel und der Seine, sagt Chabrolle. Dieses Zeug ist enorm hartnäckig. Es kann 50, vielleicht auch 100 Jahre dauern, bis man wieder Fische aus der Rhone essen kann.