Am Mittwoch musste sich die Frau wegen Mordes vor einem Schwursenat im Wiener Landesgericht (Vorsitz: Eva Brandstetter) verantworten. Die Verhandlung wurde auf den 27. September vertagt, da eine wichtige Zeugin der Verteidigung nicht erschienen war.
Die Beschuldigte verantwortete sich mit einer Notwehrsituation. Es war kein schönes Leben, von dem die jetzt 34-Jährige dem Gericht erzählte. 1992 bis 1995 war sie bereits verheiratet. Als sie ihrem damaligen Mann erzählte, dass sie schwanger war, trat er ihr mit dem Fuß in den Bauch. Sie musste insgesamt zweimal abtreiben. Nachdem er sie wiederholt krankenhausreif geprügelt hatte, folgte die Scheidung. 1998 wurde sie von einem bis heute nicht ausgeforschten Täter in einem Studentenheim vergewaltigt. Nachdem sie Anfang des neuen Jahrtausends vorübergehend eine durchaus harmonische Beziehung hatte, lernte die Einzelhandelskauffrau im Frühjahr 2004 in einem Lokal das spätere Opfer, einen Assistenten an der Wirtschaftsuniversität kennen.
Im Herbst des selben Jahres zog die 34-Jährige in die Wohnung ihres aus Kärnten stammenden Partners. Sie habe zweifach verhütet, sei dennoch schwanger geworden. Immer wieder habe es bereits von seiner Seite Aggressionen gegeben. Er hat auch auf mich hingetreten. Eskaliert sei die Situation, als im Oktober 2005 der Bub auf die Welt gekommen sei. Zumindest einmal im Monat habe er sie geschlagen und getreten. Sie setzte sich zur unter anderem mit dem Nudelwalker zur Wehr, weil ich schon in einer früheren Beziehung geschlagen worden bin und Angst hatte.
Die Partnerschaft war nicht mehr zu retten. Als es zum finalen Akt kam, war die Trennung bereits besprochen. Die Angeklagte hatte sich für eine Gemeindewohnung angemeldet. Am 7. März trafen die beiden bereits um die Mittagszeit aufeinander: Ich bin ihm ausgewichen, er hatte schon so einen komischen Blick. Er sagte, entweder bringt er mich heute um oder er schmeißt mich wieder einmal aus der Wohnung raus. Gegen 18.00 Uhr sei sie mit dem Kind zurückgekehrt. Ich hatte schon Angst, weil er mich bedrängt hat. Er hat gesagt, ich soll aufpassen, was ich tu und sage, sonst passiert was, schilderte die Beschuldigte dem Gericht.
Während der Bub im Zimmer spielte, war seine Mutter in der Küche. Was dann geschah, wusste die Angeklagte nicht mehr genau. Er hat immer gefragt, wann wir uns endlich aus der Wohnung schleichen. Sie sei bei der Abwasch gestanden, er beim Eiskasten. Ich habe gespürt, er kommt auf mich zu, ich wollte raus, weg. Ich hielt das Messer in der Hand und wollte raus.
Wie er plötzlich weg war, habe ich geschaut und er ist am Boden gelegen und hat geblutet, erzählte sie weiter. Sein T-Shirt zog sie ihm aus und gab es in die Waschmaschine, dann rief sie die Rettung an. Der Polizei soll sie später gesagt haben: Ich lasse mir nichts mehr von einem Mann gefallen.
Begleitet von Unmutsäußerungen im Publikum marschierten Zeugen auf, die, je nachdem, für oder gegen die Angeklagte aussagten. Arbeitskollegen des Opfers etwa zeichneten ein anderes, wesentlich freundlicheres Bild des Assistenten an der Wirtschaftsuni. Ein Universitätsprofessor berichtete von einem Nasenbeinbruch, den das Opfer schon früher davongetragen hatte. Demnach soll die 34-Jährige die Aggressive in der Beziehung gewesen sein. Das psychiatrische Gutachten ergab keine besonderen Auffälligkeiten. Es gebe aber eine Tendenz, Schmerzen zu empfinden und nicht ausreichend abwehrend zu reagieren, sagte der Gutachter. Auch dem Zufügen von Schmerzen dürfte die Angeklagte tendenziell nicht nur ablehnend gegenüber gestanden sein.