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Bayerns Finanzminister: Vertuschen geht nie gut

Zwei Vertreter der früheren Eigentümer der BAWAG, des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB) und der Bayerischen Landesbank (BayernLB), sind am Dienstag im BAWAG-Prozess als Zeugen befragt worden.

ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider schilderte, dass dem damaligen Alleineigentümer ÖGB nach dem Verkauf der Bank an den US-Finanzinvestor Cerberus fast nichts vom nominellen Verkaufpreis von 3,2 Mrd. Euro blieb. Der bayerische Staatsminister für Finanzen, Kurt Faltlhauser (CSU), früher BAWAG-Aufsichtsrat, zeigte kein Verständnis, dass der Aufsichtsrat damals nicht über die Verluste aus den Sondergeschäften mit Wolfgang Flöttl informiert worden war.

Faltlhauser kritisierte die Geheimhaltung der Verluste mit offenen Worten. „Es geht nie gut, wenn Sie etwas vertuschen wollen“, meinte der bayerische CSU-Politiker. Faltlhauser saß vom 18. November 1998 bis 30. Juni 2004 im BAWAG-Aufsichtsrat als einer von sieben Vertretern der BayernLB. Die BayernLB war von 1996 bis 2004 mit einem 46-prozentigen Anteil an der BAWAG beteiligt.

Wäre der gesamte BAWAG-Aufsichtsrat – und nicht nur der Aufsichtsratspräsident Günter Weninger – im Herbst 1998 über die 639 Mio. Euro betragenden Verluste mit den Flöttl-Geschäften informiert worden, so hätte er eine Sonderprüfung durch externe Experten veranlasst, schilderte der CSU-Politiker heute. Danach hätte der Aufsichtsrat mögliche Konsequenzen diskutieren müssen. Einer Fortsetzung der Geschäfte mit Flöttl hätte er wohl nicht zugestimmt.

Die Argumentation der angeklagten BAWAG-Vorstände, dass die Geheimhaltung vor dem Aufsichtsrat der Bank ein Durchsickern der brisanten Information an die Öffentlichkeit verhindern sollte, kann Faltlhauser nicht nachvollziehen. „Es gibt immer Indiskretionen, das kann man nie ausschalten, aber das befreit Sie nicht von Informationsverpflichtungen“, so der CSU-Politiker. „Darüber kann man nicht diskutieren“.

Schneider bezifferte heute den Gesamtschaden aus dem BAWAG-Debakel für die gesamte ÖGB-Gruppe auf rund 2,9 Mrd. Euro. Vom nominellen Bruttoverkaufspreis von 3,21 Mrd. Euro sei nach Abzug diverser Aufwendungen letztlich nur ein Kassabestand von 136 Mio. Euro übrig geblieben. In der angeführten Schadenssumme ist unter anderem auch die Rückzahlung eines AVB-Kredits an die BAWAG P.S.K. in Höhe von 1,6 Mrd. Euro enthalten, weiters eine Garantie für das Casino Jericho über 120 Mio. Euro, der Eigenkapitaleinschuss in die BAWAG in Höhe von 600 Mio. Euro sowie der Ausfall der BAWAG-Dividenden für die Jahre 2005 und 2006 in Höhe von zusammen 50 Mio. Euro.

Der ÖGB habe auch noch immer eine Haftung für die BAWAG, die erst voraussichtlich Ende 2008 erlöschen werde, führte Schneider aus. Diese am 14. März 2006 abgegebene „Eigenkapitalverpflichtung“ falle erst dann weg, wenn die BAWAG zweimal die Kapitalhinterlegungsverpflichtungen deutlich überschreite. Schneider äußerte die Hoffnung, dass dieses „Damoklesschwert“ per 31. Dezember 2008 nicht mehr über dem ÖGB schweben werde.

Verteidiger der Angeklagten bestritten Schneiders Darstellung, der Schaden sei vermutlich wesentlich geringer, so die Vermutung. Es sei zu klären, ob nicht ein Teil der Forderungen auf den BAWAG-Käufer, den US-Fonds Cerberus, übergegangen sei.

Zum Abschluss wollte Richterin Claudia Bandion-Ortner von den Angeklagten wissen, wer ihrer Meinung nach den Schaden durch die Verluste aus den Geschäften mit Wolfgang Flöttl letztlich tragen musste. „Der Verlust war bis auf wenige Punkte erledigt“, meinte der frühere BAWAG-Chef Helmut Elsner. Weninger vertrat eine ähnliche Ansicht. Verluste seien schon entstanden, aber die Bank habe die Aufgabe gehabt, diese Verluste zu überwinden. Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner betonte erneut, er habe bei „schadensbegründenden Vorstandsbeschlüssen“ nicht mitgestimmt. Ohne Verluste hätte die Bank aber wohl 1,4 Mrd. Euro mehr gehabt, fragte die Richterin nach. „Dann hätte die Bank zwei Mrd. Euro mehr Gewinn gemacht und wäre damit die profitabelste Bank in Österreich geworden“, sagte Büttner.

Am Mittwoch, wird der Prozess mit der Befragung von Helmut Ettl, Bankenrevisionschef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), fortgesetzt.

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