Diese machen die mit der Ausbeutung von Kindern, Frauen und Männern Millionenprofite und kommen vielfach ungeschoren davon.
Drogen-, Waffen- oder Menschenhandel? Die Angaben, welche Form des Verbrechens das weltweit lukrativste ist, gehen auseinander. Als sicher gilt, dass der Handel mit Frauen, Kindern und Männern zum Zweck der Ausbeutung ein Milliardenbusiness mit starken Zuwachsraten ist. 2008 gibt es mehr Arbeits- und Sexsklaven als zur Zeiten des kolonialen Sklavenhandels. 2,5 Millionen sollen es weltweit sein.
“Wir wissen es einfach nicht genau. Das einzige, das wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass der Menschenhandel zunehmen wird”, erklärt Doris Buddenberg von UN.GIFT, jener in Wien ansässigen UNO-Organisation, die das “Wiener Forum gegen Menschenhandel” ausrichtet. Zu der bisher größten Konferenz der Vereinten Nationen zu diesem Thema werden kommende Woche rund 1.000 Teilnehmer aus 100 Staaten erwartet.
Menschenhandel ist ein weltweites Phänomen, dem die Globalisierung mittelbar Vorschub leistet. Reisen war noch nie so einfach. Opfer aus 127 Ländern wurden in 137 Staaten verkauft, geht aus einem Bericht der UNO-Organisation UNODC hervor. Nicht alle Länder haben Daten geliefert.
Der Menschenhandel beschränkt sich nicht auf bestimmte soziale Schichten. Seine Opfer sind als rechtlose Prostituierte im Kellerloch ebenso zu finden wie als genauso rechtlose Dienstboten in wohlhabenden Haushalten. Oder als Kindersoldaten oder als Organspender.
An Menschenhändlerringen gibt nach einer groben Einteilung drei Typen: relativ seltene Mafia-ähnliche Organisationen, die streng hierarchische gegliedert sind; Zellensysteme, in denen Frauen die Organisation übernehmen und jeweils eine “Madame” an der Spitze haben. Darunter gibt es zwei oder mehr Management-Ebenen, ganz zuunterst die Opfer, denen Aufstiegsmöglichkeiten offeriert werden. “Das macht es schwierig, Täter von Opfern zu unterscheiden”, erläuterte Kristiina Kangaspunta von UNODC.
In Europa treten am häufigsten lose Netzwerke in Erscheinung, die je nach Bedarf kooperieren und die Zusammenarbeit wieder lösen: Bei der Anwerbung der Opfer, dem Transport, Dokumentenfälschung, Ausbeutung im Zielland. Die Kooperation funktioniert offenbar reibungslos – so hat zum Beispiel vor einigen Jahren die italienische Mafia einen Gutteil der Rotlichtszene des Landes albanischen Kriminellen überlassen – und dafür kräftig kassiert. Die Albaner brachten “frische” Mädchen, welche die Armut in ihrem Land hinter sich lassen wollten.
Diese Mädchen werden vielfach Opfer falscher Versprechungen. “Armut macht anfällig für Menschenhandel, ebenso Gewalt und Diskriminierung”, erläuterte Doris Buddenberg. Oder die jungen Frauen und Männer betrachten die Gefahr, Opfer von Ausbeutern zu werden, als Teil des Risikos, das mit dem Verlassen der Heimat auf der Suche nach einem besseren Einkommen verbunden ist.
Wem’s passiert ist, der schweigt – aus Angst oder Scham. “Das macht es erfahrungsgemäß so schwer, Menschenhandelsopfer zu identifizieren und zu helfen”, sagte Buddendorf. Als ein Beispiel, wie es funktionieren kann, nennen sie und Kangaspunta ein seit geraumer Zeit in Armenien laufendes Projekt.
Dort werden in Zusammenarbeit einer NGO und der Regierung potenzielle Opfer von Menschenhändlern bei ihrer Rückkehr am Flughafen “abgepasst”: Zwei Hauptzielländer sind bekannt, wer von dort einreist, wird von geschulten Kräften in Empfang genommen und nach seinen Erfahrungen gefragt. Und wenn notwendig, weiter betreut. Das reicht von Unterkunft über Ersatzdokumente bis zu psychologischer und medizinischer Betreuung inklusive Aids-Test auf freiwilliger Basis.