Israel hatte in der Nacht als Reaktion auf den fortwährenden Beschuss die Stromlieferung in das hermetisch abgeriegelte Küstengebiet gekürzt. Die US-Regierung warnte vor einer weiteren Verschlechterung der humanitären Situation im Gaza-Streifen. Zugleich wies US-Außenamtssprecher Tom Casey auf das Recht Israels hin, sich gegen die Raketenangriffe zu verteidigen. Der palästinensische Premier Salam Fayyad hat Israel beschuldigt, mit den Militäroperationen dem Ansehen der Führung um Präsident Mahmoud Abbas zu schaden.
Die USA, die Europäische Union und der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hatten kritisiert, dass unter den israelischen Maßnahmen vor allem palästinensische Zivilisten zu leiden hätten. Die Menschenrechtsorganisation “Human Rights Watch” (HRW) warf Israel vor, mit der Stromkürzung gegen internationales Recht zu verstoßen. Israel will mit Strafmaßnahmen wie Strom- und Treibstoffkürzungen sowie Handelsbeschränkungen die rund 1,5 Millionen Palästinenser im Gaza-Streifen dazu zwingen, gegen militante Gruppen und Raketenschützen vorzugehen. Kollektivstrafen sind völkerrechtswidrig; ebenso müsste die Hamas als Autorität im Gaza-Streifen nach internationalem Recht den Beschuss der israelischen Zivilbevölkerung unterbinden. Bei israelischen Luft- und Bodenangriffen waren in der Nacht auf Donnerstag im Gaza-Streifen mindestens sieben Palästinenser getötet und 15 weitere verletzt worden.
Israels Verteidigungsminister Ehud Barak erklärte, die Armee werde ihre Einsätze verstärken, um dem anhaltenden Raketenbeschuss ein Ende zu setzen. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas bot sich als Vermittler für einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas an. Der Vorsitzende des Außen- und Verteidigungsausschusses des israelischen Parlaments und frühere Minister Tzahi Hanegbi hat die Wiederaufnahme der “gezielten Tötungen” von Hamas-Funktionären verlangt. Ministerpräsident Ehud Olmert hatte kürzlich angekündigt, dass Israel als Reaktion auf den fortwährenden Raketenbeschuss seines Territoriums militante Palästinenser “gezielt töten” werde. Seit 2004 waren der Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin und dessen Nachfolger an der Spitze der Organisation, Abdelaziz Rantisi, sowie weitere Funktionäre “gezielten Tötungen” durch die israelische Armee zum Opfer gefallen.
Der palästinensische Premierminister Fayyad sagte am Donnerstag (Ortszeit) in Texas, wo er sich zu einem Privatbesuch aufhält, er rechne in diesem Jahr nicht mehr mit einem Friedensvertrag, wie ihn US-Präsident George W. Bush wünscht. Er verwies dabei auf mangelnde Fortschritte in den Streitfragen der israelischen Siedlungen und Militäroperationen im Westjordanland. “Sie untergraben unsere Bemühungen und unsere Glaubwürdigkeit vor allem in jenen Gebieten, wo wir Fortschritte gemacht haben”, sagte der Premier. “Ich glaube nicht, dass eine endgültige (Zwei-Staaten-)Lösung (…) im Laufe dieses Jahres erreicht wird. Ich glaube nicht, dass dies wahrscheinlich ist”, so Fayyad. Israel müsse die Vorgaben der sogenannten Roadmap einhalten, vor allem was die Siedlungen betreffe.
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos hatte Fayyad erklärt, die Lage in dem von Israel abgeriegelten Gaza-Streifen werde sich weiter verschlimmern und außer Kontrolle geraten. Der Machtkampf zwischen der Fatah von Abbas und der radikalen islamischen Hamas hatte im Juni 2007 zu einer faktischen Trennung des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens geführt. Die Hamas hatte nach blutigen Gefechten die alleinige Kontrolle über den Gaza-Streifen übernommen. Abbas hatte daraufhin die Hamas-geführte palästinensische Einheitsregierung unter Premier Ismail Haniyeh für aufgelöst erklärt und im Westjordanland ein Notstandskabinett unter Fayyad eingesetzt.