Weltweit gesuchter Terrorist ist tot
Seit 1982 treibt der geheimnisvolle Mann, von dem es nicht einmal ein aktuelles Foto gibt, sein Unwesen. Er war zuletzt der Verbindungsmann zwischen Iran und Hisbollah mit Sitz in Damaskus.
Einige seiner perfekt ausgeführten Anschläge haben die Welt verändert. In der libanesischen Stadt Tayr Dibba geboren, stellte Moughniyah seine Dienste seit 1982 Terrororganisationen verschiedenster Couleur zur Verfügung. 1983 erfand er die Methode der Selbstmordattentäter, indem er einen mit Sprengstoff gefüllten Lastwagen in das Hauptquartier der amerikanischen Marines und der französischen Friedenstruppen in Beirut jagte. Über 240 Amerikaner starben.
Kurz darauf sprengte er die amerikanische Botschaft in der libanesischen Hauptstadt. Seine Handschrift tragen auch die Entführung der TWA 847, die Ermordung amerikanischer Diplomaten und Geheimdienstoffiziere in Beirut, Bombenanschläge auf die israelische Botschaft und das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires (1993 und 1994) sowie die Attacke gegen die Khobar Towers in Saudi Arabien (1996).
Moughniyah unterhielt angeblich beste Beziehungen zu dem von den Amerikanern getöteten Terrorchef im Irak, Abu Musab al-Zarqawi. Osama bin Laden lernte von Moughniyah, wie man Bomben bastelt und ein internationales Agentensystem aufbaut. Moughniyah soll der eigentliche Militärführer der Hisbollah gewesen sein und ihre Taktik gegen Israel nicht nur während des Libanonkrieges von 2006 geprägt haben.
Mit Gewissheit, so die israelischen Quellen, sei Moughniyah verantwortlich für die Entführung von drei israelischen Soldaten auf den Golanhöhen im Jahr 2003 gewesen sein. Ebenso habe Moughniyah die Entführung der beiden bis heute im Libanon festgehaltenen Soldaten am 12. Juli 2006 befehligt. Diese Provokation der Hisbollah gegen Israel sei ein Ablenkungsmanöver des Iran an dem Tag gewesen, als bei dem G-8-Gipfeltreffen in St. Petersburg über verschärfte Sanktionen gegen Teheran diskutiert werden sollte. Allein Moughniyah hätte genau das zustande gebracht.
Moughniyah war ein vorsichtiger Mann. Es existieren kaum Bilder von ihm. Das amerikanische FBI hatte auf seinem Kopf eine Millionen-Prämie ausgesetzt. Der israelische Geheimdienst Mossad jagte ihn schon seit den achtziger Jahren. Deshalb verändert er immer wieder operativ sein Äußeres. Ebenso legte er sich regelmäßig einen neuen Namen und wohl auch frische Pässe zu. Dank seinen guten Beziehungen zum iranischen Regime fiel ihm das nicht schwer.
Zu seinen engsten Kontaktpersonen in Teheran gehörte Verteidigungsminister Mostafa Mohammad-Najjar. Die beiden waren 20 Jahre lang befreundet: In den achtziger Jahren waren sie gemeinsam an der Entführung von Ausländern im Libanon beteiligt. Ihr prominentestes Opfer war der amerikanische Geheimdienstchef in Beirut, Colonel William R. Higgins. Der wurde von iranischen Revolutionsgarden und der Hisbollahmiliz zu Tode gefoltert.
Weil der Libanon danach für Moughniyah zu gefährlich wurde, setzte er sich aus Angst vor amerikanischer Verfolgung nach Teheran ab, wo er sogleich die Staatsbürgerschaft erhielt. Moughniyah machte rasch Karriere. Im Herbst 2000 ernannte der Iran den Generalstabchef der Hisbollah gar zum Chefkoordinator internationaler Operationen. Der ehemalige Leibwächter Yasser Arafats in Beirut sollte auf Geheiss der Ayatollahs den Palästinenseraufstand ab Herbst 2000, die sogenannte Al-Aksa Intifada, anheizen, indem Moughniyah der Hamas und dem Islamischen Jihad beistand.
Er könnte auch bei einem der schlimmsten Terroranschläge in Israel die Hand im Spiel gehabt haben: Die Attacke gegen das Park Hotel in der Küstenstadt Natanya am 27. März 2002, bei der 30 Menschen getötet wurden. Das Blutbad war der Auslöser einer massive israelische Militäraktion im Westjordanland. Dabei wurde das Hauptquartier Arafats in Ramallah teilweise zerstört.
“Das war der Carlos des Libanon, ein Erzterrorist. Ich kenne keinen gefährlicheren Mann neben ihm”, kommentiert der ehemalige israelische Geheimdienstchef Gideon Ezra. Aus dem Iran kam Ratlosigkeit: “Seine Vorsichtsmaßnahmen waren unvorstellbar. Wenn er ein Haus durch die Tür betrat, verließ er es durch das Fenster.” Der Hisbollah-Fernsehsender Al-Manar bestätigte den Tod Moughniyahs und sendete Koransprüche. Ausgerechnet am Jahrestag der Ermordung des libanesischen Premierminister Rafik al-Hariri soll Moughniyah in dem von Israel 2006 zerbombten Beiruter Viertel Dahja begraben werden. Hisbollahchef Hassan Nasrallah will dabei eine Ansprache halten.
Wem ist nun “einer der großartigsten geheimdienstlichen Erfolge der letzten Jahrzehnte gelungen”, fragt der israelischer Terrorexperte Boaz Ganor. Hisbollah und andere zeigen mit dem Finger auf Israel. Jerusalem hüllt sich in Schweigen, doch israelische Sprecher, darunter auch ehemalige Geheimdienstchefs winken ab. “So viele Länder, darunter auch die USA, suchten Moughniyah steckbrieflich. Viele, sogar in der arabischen Terrorszene, hatten ein Interesse, ihn auszuschalten.” (