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Umstrittenes Grazer "Handyverbot" zeigt wenig Wirkung

Vor einer Woche wurden die ersten "Lautlos"-Aufkleber von Bürgermeister Siegfried Nagl (V) eigenhändig an Grazer Straßenbahnen und Bussen angebracht. Wie ein Augenschein am Mittwoch zeigte, wird die als "Gebot" in den Beförderungsbedingungen verankerte Regelung kaum befolgt.

Auch politisch ist das Thema noch nicht vom Tisch: Am 8. Mai wird sich der Gemeinderat damit befassen, wobei es möglich erscheint, dass eine Mehrheit – inklusive Nagls Koalitionspartner, den Grünen – für eine Aufhebung des “Handyverbots” stimmt.

Die APA machte Mittwoch früh die Probe aufs Exempel: Eine Stunde in Straßenbahnen verschiedener Linien erbrachte protokollierte zweimal lautes Klingeln und insgesamt 14 geführte Telefonate – abgesehen von den erlaubten Handy-Nutzungen wie SMS-Schreiben und -Empfangen. Beschwerden der anderen Fahrgäste oder Interventionen der Fahrerin bzw. des Fahrers gab es nicht.

Von anderen Ergebnissen weiß Bürgermeister-Sprecher Thomas Rajakovics zu berichten: “Das Handygebot hat sich in kurzer Zeit ohne Druck auf die Bevölkerung erfolgreich durchgesetzt. In den öffentlichen Verkehrsmitteln wird nicht mehr telefoniert. Es wäre Blödsinn, von dieser Maßnahme wieder abzurücken.” Dieser Sichtweise konträr gegenüber steht der dringliche Antrag des BZÖ zur Abschaffung des Handyverbots/-gebots, in dem Gemeinderat Gerald Grosz auf den “massiven Widerstand der Bevölkerung” und auf vom Handyverbot hervorgerufene “provokative Inanspruchnahme von elektronischen Geräten” verweist.

Dieser Antrag wird am 8. Mai im Gemeinderat behandelt werden. Die Grünen, Junior-Partner der ÖVP und von Nagls Handy-Alleingang überrumpelt, liebäugeln nach einer einige Tage dauernden Schrecksekunde, sich dem BZÖ-Vorstoß anzuschließen oder selbst einen Antrag in Richtung Abschaffung einzubringen. Dass daraus schon eine Koalitionsfrage werden könnte, dafür ist der Anlass zwar zu gering. Dennoch könnte das schon nach wenigen Wochen des gemeinsamen Regierens durch andere Probleme schon belastete Koalitionsklima weiter Schaden nehmen.

Auch die SPÖ wendet sich gegen das Handyverbot: “Lärm muss man an der Wurzel bekämpfen, indem man die Bevölkerung über den hohen Belastungsfaktor von zu großer Lautstärke aufklärt. Man kann nicht einfach die Menschen zu solchen Maßnahmen zwingen”, erklärte SPÖ-Klubchef Karl-Heinz Herper am Mittwoch gegenüber der APA.

Noch nicht entschieden haben sich die KPÖ, die das “Handyverbot” als “Blendgranate zur Ablenkung von der Tariferhöhung am 1. Juli” qualifiziert, und die FPÖ, die sich ein Mitgehen beim Antrag auf Rücknahme noch offen hält.

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