Sedlacek sprach von einem “vagen Hinweis”, wonach der 73-Jährige eine Mitverantwortung am Tod jenes Säuglings tragen könnte, den seine heute 42 Jahre alte Tochter im Sommer 1997 im Verlies in Amstetten zur Welt gebracht haben dürfte. Das Kind soll in Folge fehlenden ärztlichen Beistands kurz nach der Niederkunft gestorben sein.
Am Vormittag wurde der Verdächtige in St. Pölten dem Haftrichter vorgeführt. Über ihn wurde die U-Haft verhängt. In 14 Tagen ist eine Haftprüfung vorgeschrieben. Am Montag war der 73-jährige von einer Polizeistation in Amstetten in die Justizanstalt St. Pölten überstellt worden. Josef F. sitzt in einer Zwei-Mann-Zelle. “Er hat die Nacht gut verbracht. Er ist am Dienstagvormittag bereits von einem Psychologen und einem Psychiater untersucht worden. Beide haben festgestellt, dass derzeit keine suizidalen Tendenzen intendiert sind”, berichtete der Anstaltsleiter, Oberst Günther Mörwald.
Der Verteidiger des 73-Jährigen, Rudolf Mayer, hat am Vormittag seinen Mandanten in der Justizanstalt St. Pölten besucht und sich rund zehn Minuten mit seinem Mandanten unterhalten. “Josef F. wirkt ernst, betroffen, emotional gebrochen.” Bis zur nächsten Haftprüfung am 13. Mai werde er jedenfalls die Anschuldigungen auf ihre Stichhaltigkeit überprüft haben.
Die Opfer des Martyriums, die 42-jährige Elisabeth F., ihre fünf Kinder sowie ihre Mutter, wurden am Dienstag weiterhin “in einem geschützten Bereich” der Sonderkrankenanstalt Landesklinikum Mostviertel Amstetten-Mauer behandelt, zu dem keine näheren Angaben gemacht wurden. Für das betreuende Ärzte- und Therapeutenteam hat der Schutz der Patienten “oberste Priorität”. Dies gelte insbesondere im Zusammenhang mit dem großen Medieninteresse, teilte Primarius Berthold Kepplinger der APA mit.
Als unverändert kritisch bezeichneten die Ärzte den Zustand der vermutlich 19 Jahre alten Tochter der 42-Jährigen. Die junge Frau, die am 19. April ins Landesklinikum Mostviertel Amstetten eingeliefert worden ist, werde weiterhin beatmet, einer Antibiotika-Therapie und – wegen einer Nierenschädigung – einer Dialyse unterzogen.
In Amstetten wurde am Dienstag unterdessen auf das Ergebnis der DNA-Proben gewartet. Sie sollen sicherstellen, dass der 73-Jährige der Vater der Kinder ist. “Die Auswertung wird aber nur mehr das bestätigen, was wir eigentlich eh schon wissen”, sagte Oberst Franz Polzer, der Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, zur APA. Das Ergebnis soll im Rahmen einer Pressekonferenz um 15.30 Uhr in Amstetten verkündet werden.
Die Spurensuche am Tatort ging am Dienstag intensiv weiter. Nach DNA-Spuren von weiteren Personen, die sich in dem Keller-Gefängnis aufgehalten haben könnten, wird nicht gesucht. “Es gibt für uns absolut keinen Anlass zur Vermutung, dass sich weitere Personen im Keller befunden haben könnten”, sagte Polzer.
Der Keller, den Josef F. zu einem Verlies für seine Tochter und drei mit ihr gezeugten Kindern gemacht hat, ist bereits in den 70er Jahren von der zuständigen Behörde, die Stadt Amstetten, genehmigt worden – ohne zu wissen, was der 73-Jährige mit den Räumlichkeiten vorhatte. Konkret wurde am 31. Oktober 1978 die “Errichtung eines unterkellerten Zubaus” genehmigt.
Auch zwei Tage nach dem Bekanntwerden des jahrelangen Martyriums der 42-jährigen war das Medieninteresse groß. Eine Vielzahl nationaler und internationaler Medienvertreter hatte sich wieder in der kleinen Gasse beim Tatort eingefunden.
Am Sonntag war in Amstetten das abscheulichste Verbrechen der österreichischen Kriminalgeschichte bekanntgeworden: In einem Verlies soll ein 73-Jähriger seine Tochter 24 Jahre lang gefangen gehalten und sexuell missbraucht haben. Während der Gefangenschaft dürfte der Mann mit der 42-Jährigen sieben Kinder gezeugt haben, eines von ihnen sei nach der Geburt gestorben. Das Baby habe der Mann in einem Holzofen verbrannt. Josef F. habe sich zu den Tathandlungen weitgehend geständig gezeigt, der Fall sei im Großen und Ganzen geklärt.