Deutliche Kritik übte er aber an der von der SP-Spitze gewählten Vorgangsweise. Einen Brief ausschließlich an die “Kronen Zeitung” halte er “schlicht für falsch”.
Die Sitzung stand unter dem von der ÖVP gewählten Motto “Parteipolitischer Opportunismus gefährdet den europapolitischen Grundkonsens des Landes Wien”. Häupl ließ diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen: “Nehmen Sie zur Kenntnis, die SPÖ ist eine europabejahende Partei.” Für seine Haltung zu Europa habe er sich in keiner wie immer gearteten Form zu rechtfertigen.
Anders die Frage der Demokratie: “Ja, hier hat es in der Tat in der österreichischen Sozialdemokratie eine Auffassungsänderung gegeben betreffend Volksabstimmung.” Diese zu EU-Fragen auf nationaler Ebene zu führen, bezeichnete er als “drittbeste Lösung”, zu favorisieren wären europaweite Abstimmungen. Von zentraler Bedeutung sei jedenfalls, mit der Bevölkerung zu sprechen. “Wir haben diesen Dialog nicht geführt, und ich bin der Meinung, weil wir nicht dazu gezwungen wurden”, sagte Häupl.
An der Notwendigkeit eines Plebiszits bei einer dritten Ratifikationsrunde für einen modifizierten Lissabon-Vertrag herrscht für Häupl kein Zweifel: “Das glaubt ja kein Mensch mehr, dass man das ohne Volksabstimmung machen kann.” Insgesamt müsse die Diskussion entlang der Linie Neoliberalismus versus ökosoziales Europa geführt werden.
Kein gutes Haar ließ er an der von SP-Spitzenkandidat Werner Faymann und Bundeskanzler Alfred Gusenbauer gewählten Art der Kommunikation des Meinungsschwenks. “Ich habe von der ersten Minute an gesagt, dass ich mit der Form nicht nur unglücklich bin, sondern ich halte sie schlicht für falsch”, sagte Häupl. Auch Faymann habe das eingestanden. Richtig wäre gewesen, dies zuerst innerparteilich zu diskutieren und dann in der üblichen Form, etwa in einer Pressekonferenz, bekanntzugeben. Man hätte sich damit einiges an Polemik erspart, meinte der Bürgermeister.