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NR-Wahl: Wieder einmal ein Kopf-an-Kopf-Rennen

Wieder einmal ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPÖ und ÖVP kündigen die Meinungsforscher für die heurige 20. Nationalratswahl der Zweiten Republik an. Sollten die beiden Parteien sehr knapp beieinander liegen, könnten die Briefwähler den Ausschlag geben.

In den meisten Umfragen liegt die SPÖ knapp vor der ÖVP, das Duell um Platz 3 dürfte zugunsten der FPÖ ausgehen. Das LIF hofft auf den Einzug in den Nationalrat, Fritz Dinkhauser muss mit seiner Rückkehr nach Tirol rechnen.

Mit der Kür der 183 Nationalratsabgeordneten stellen die 6,332.931 Wahlberechtigten am 28. September die Weichen für die nächste Regierung. Die Fortsetzung der Großen Koalition wird von sehr vielen Österreichern abgelehnt. Andere Zweier-Mehrheiten zeichnen sich in den Umfragen aber nicht wirklich ab. Ausgehen könnte sich allenfalls eine Zusammenarbeit einer Großpartei mit der FPÖ – wenn LIF und Dinkhauser nicht ins Parlament einziehen. Da sie gemeinsam mit den anderen Kleinparteien vergleichsweise viele Stimmen bekommen werden, hätte eine Koalition schon mit nur 45 Prozent eine Mandatsmehrheit. Was auch die Grünen hoffen lässt: Wenn sie deutlich zulegen, könnten auch sie im Koalitionspoker mitmischen.

Die Variante mit den Grünen wäre für die beiden Großparteien vorstellbar – während SPÖ-Chef Werner Faymann ein Zusammengehen mit der FPÖ (und auch dem BZÖ) strikt ausschließt. ÖVP-Chef Wilhelm Molterer schließt zwar “grundsätzlich niemanden” aus, sagt aber, dass eine mit dem EU-Austritt liebäugelnde FPÖ kein möglicher Partner sei. So mancher ÖVP-Spitzenpolitiker erinnert derzeit freilich positiv an die fast sieben Jahre Schwarz-Blau-Orange. Die Dreier-Variante ÖVP-FPÖ-BZÖ bekommt auch heuer ziemlich sicher eine Mandatsmehrheit – während das “Gegenstück” SPÖ-Grüne-LIF nicht damit rechnen kann.

Eine linke Mehrheit gab es in Österreich – außer in den Jahren der SPÖ-Absoluten – noch nie, während sich Mitte-Rechts sonst immer ausgegangen wäre. Davon ist auch heuer auszugehen, zumal sich die beiden Rechtsparteien nach ihrem Absturz während der Regierungsbeteiligung wieder erholen. Sowohl die FPÖ Heinz-Christian Straches als auch das BZÖ mit seinem “neuen” Spitzenkandidaten Jörg Haider (der freilich Kärntner Landeshauptmann bleiben wird) können mit Zugewinnen rechnen.

Bei der Wahl 2006 rückten SPÖ und ÖVP sowie Grüne und FPÖ sehr nah zueinander: Die SPÖ holte sich mit 35,34 Prozent (68 Mandate) überraschend – trotz BAWAG-Krise – den ersten Platz zurück, die ÖVP musste sich nach ihrem fulminanten Wahlsieg 2002 mit 34,33 Prozent (66) wieder mit dem zweiten Rang zufriedengeben. Den Grünen gelang es erstmals, die FPÖ zu überholen – allerdings sehr knapp mit 11,05 vor 11,04 Prozent (beide 21 Mandate). Das 2005 von der FPÖ abgespaltete BZÖ, damals noch mit Spitzenkandidaten Peter Westenthaler, schaffte es mit 4,11 Prozent (sieben Mandate) gerade noch in den Nationalrat.

Die damals sieben “sonstigen Listen” kamen gemeinsam auf 4,13 Prozent – wobei Hans-Peter Martin allein 2,80 Prozent machte. Heuer dürfte der Anteil der Parteien, die bisher nicht im Parlament vertreten sind, deutlich wachsen: Schon LIF und Dinkhauser kommen in den Umfragen gemeinsam auf an die sechs Prozent. Daneben kandidierten bundesweit noch die KPÖ, die Christen und “Rettet Österreich” und vier weitere Listen in einzelnen Ländern.

Der Wahlkampf verlief heuer relativ unaufgeregt – obwohl es sich um eine vorgezogene Neuwahl handelt, die Molterer im Juli ausrief. Das dominierende Thema war die Teuerung, bei dem Faymann mit seinem Fünf-Punkte-Programm in die Offensive ging. Dessen Inhalt – Erhöhung des Pflegegelds, Aus für Studiengebühren, 13. Familienbeihilfe, halbe Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Verlängerung der Hacklerregelung – war die Grundlage so gut wie jeder inhaltlichen Auseinandersetzung. Die ÖVP kam mit ihren Themen Sicherheit und Ausländer nicht durch. Von ihr kamen die einzigen gröberen “negative campaigning”-Ansätze dieses Wahlkampfes – gerichtet gegen SPÖ-Spitzenkandidaten Faymann, seit dessen Kür zum Nachfolger Alfred Gusenbauers die ÖVP um den zunächst sicher erwarteten Wahlsieg fürchten muss. Ansatzpunkte dafür lieferte der ÖVP der EU-Schwenk der SPÖ samt der offenen Unterstützung der “Kronen Zeitung” für den SPÖ-Kanzlerkandidaten.

Weitgehend ausgeblieben ist in diesem Wahlkampf das erwartete harte Match zwischen der Strache-FPÖ und dem Haider-BZÖ. Ein “Wahlkampf”-Opfer ist LIF-Chef Alexander Zach: Er stolperte fünf Tage vor der Wahl über die ans Licht gekommene Lobby-Tätigkeit der von ihm gegründeten Firma euro:contact für EADS, den Hersteller des Eurofighters – dessen Anschaffung er bekämpft hatte. Spitzenkandidat des LIF war freilich ohnehin nicht Zach, sondern Parteigründerin Heide Schmidt – die auf ein Comeback ihrer Partei (die von der Abspaltung von der FPÖ von 1993 bis 1999 im Nationalrat war) hofft.

Die Zahl der unentschlossenen Wähler war heuer bis zuletzt sehr hoch – was sich auch in einer noch niedrigeren Wahlbeteiligung als 2006 niederschlagen könnte. Damals fiel sie auf den absoluten Tiefstwert von 78,48 Prozent. Ob die neue Briefwahl hilft, das Interesse an der Wahl zu heben, ist fraglich. Jedenfalls wird erwartet, dass so viele Österreicher wie nie zuvor Wahlkarten beantragen können, um die neue Möglichkeit der Stimmabgabe im Postweg nützen zu können. Ihr Stimmen – die spätestens am 6. Oktober eingelangt sein müssen – könnten den Ausschlag geben. Schon ohne Briefwahl hatten 2006 die Wahlkarten-Stimmen aus dem In- und Ausland dafür gesorgt, dass die Grünen doch noch Dritte wurden.

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