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Konjunkturpaket nicht ausreichend

Das heute, Mittwoch, vom Ministerrat abgesegnete Konjunkturpaket geht ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer nicht weit genug. "Klar ist, dass im Koalitionsabkommen ein weiteres Konjunkturpaket enthalten sein muss", sagte Hundstorfer vor Journalisten im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Ein Teil davon müsse so gestaltet sein, dass den “Menschen direkt Geld gegeben” werde.

Durch die 13. Familienbeihilfe und die Streichung der Arbeitslosenversicherung für untere Einkommen sei schon etwas getan worden, was der ÖGB auch begrüße. Es fehle aber noch an “Maßnahmen für die breite Masse”, sprach sich Hundstorfer erneut für ein Vorziehen von Teilen der Steuerreform aus. Wie dies technisch funktioniere, sei “sekundär”. Hauptforderung sei jedenfalls eine Korrektur der Tarife “unten und in der Mitte”, also für Einkommen bis zu 4.000 Euro, konkretisierte der ÖGB-Chef.

Zur Absicherung von Arbeitsplätzen seien derzeit vor allem Investitionen in die Infrastruktur nötig. “Kleinere Projekte” seien etwa beim Verbund, den ÖBB, in den Ländern oder Gemeinden möglich. Schließlich gebe es bereits Anzeichen, dass es in der Bau-Industrie und im Baugewerbe “zu bröckeln beginnt”. “Wir brauchen sinnvolle Fördermodelle, die den heimischen Arbeitsmarkt absichern und nicht solche, um im Ausland Fabriken zu bauen”, betonte der ÖGB-Chef.

“Nicht nachvollziehen” kann Hundstorfer die Aussagen von IHS-Chef Bernhard Felderer, wonach man bei den Pensionen zu sparen beginnen müsse, um unter anderem das von der Regierung beschlossene Bankenpaket zu finanzieren. Dies sei “gesamtpolitisch abzulehnen” und würde eine “soziale Schieflage” erzeugen.

Fakt sei aber, dass mit dem Bankenpaket die Maastricht-Kriterien zu “überdenken” seien und man jene Klausel nütze, wonach das Budgetdefizit in Ausnahmefälle auch überschritten werden könne. “Ein Prozentpunkt mehr Budgetdefizit muss man akzeptieren”, so der ÖGB-Chef, der davon ausgeht, dass auch andere EU-Länder diese Klausel in Anspruch nehmen werden.

“Eine sozialverträgliche Rückführung der Staatsschulden ist langfristig möglich, aber nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer”, betonte Hundstorfer. “Spielraum” dafür sieht der ÖGB-Präsident bei der Vermögensbesteuerung und in der Gesundheitsfinanzierung. So wäre es seiner Meinung nach “vernünftig”, neben einer Wiederbelebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer eine Vermögenszuwachssteuer und eine Börsenumsatzsteuer in Österreich einzuführen.

Beim Gesundheitssystem will Hundstorfer bei der “Wertschöpfung ansetzen” und “Strukturfragen lösen”. Auch im pharmazeutischen Bereich könnten etwa durch eine Änderung der Verpackungsgrößen Mittel eingespart werden. Eine weitere Anhebung der Selbstbehalte sei dagegen keine Option. “Wenn wir nichts tun, wird 2010 keine Krankenkasse mehr im Plus sein”, stellte Hundstorfer den Verhandlern die Rute ins Fenster. Die Senkung der Mehrwertsteuer bei Medikamenten habe nur “Luft für einige Wochen” verschafft.

Konkret schlägt Hundstorfer vor, vom ursächlichen Gesundheitspaket den Finanzteil herauszunehmen und diesen unter dem Blickwinkel der Mehrwertsteuer neu zu berechnen. Zudem sollte das Vertragspartnerrecht neu verhandelt werden und mit der Apothekerkammer über neue Rabatte gesprochen werden. Diese kurzfristigen Maßnahmen könnten eine “massive Entschuldung” des aktuellen Minus von 950 Mio. Euro bringen – “zumindest die Hälfte wäre möglich”, so Hundstorfer.

Langfristig, also in den nächsten drei Jahren, will der ÖGB mit den Ländern Verhandlungen über den niedergelassenen und den stationären Sektor führen. Laut Rechnungshof brächte eine Vereinheitlichung der Verträge mit den Bundesländern 1,5 Mrd. Euro an Einsparungen.

Zu den laufenden Koalitionsverhandlungen und möglichen Minister-Besetzungen betonte Hundstorfer erneut, dass er sich “die Verhandlungen nicht auf einen Postenschacher reduzieren lasse”. Er wolle nicht um einzelnen Jobs streiten, wichtig seien “Inhalte sowie eine soziale Symmetrie und Ausgewogenheit”.

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