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Tsunami-Frühwarnsystem geht am Dienstag in Jakarta in Betrieb

Wenn am Dienstag im neu gebauten Rechenzentrum des meteorologischen und geophysikalischen Instituts in Jakarta der Alarm losgeht, ist das nur ein Test.

Vier Jahre nach dem verheerenden Tsunami im Indischen Ozean mit mehr als 200.000 Todesopfern wird in Anwesenheit von Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono das maßgeblich von deutschen Wissenschaftern konzipierte Frühwarnsystem in Betrieb genommen.
Doch es bleibt noch viel zu tun, damit die Warnung vor der Monsterwelle die betroffene Bevölkerung an Indonesiens Küsten künftig auch rechtzeitig erreicht. Berichte über verschwundene Messbojen wiesen die deutschen Forscher allerdings zurück. Erdbeben sind in der am pazifischen Feuerring liegenden Inselrepublik Indonesien keine Seltenheit. Sie entstehen meist unter dem Meer im Sundagraben, der sich von der Nordwestspitze Sumatras bis zur Insel Flores erstreckt. Eine Tsunami-Welle kann sich innerhalb von 20 Minuten an der indonesischen Küste aufbauen – für Frühwarnungen bleibt wenig Zeit.

Die Lage und Stärke eines Erdbebens lässt sich mit heutigen Techniken sehr gut bestimmen. “Aber nicht jedes Beben im Meer löst auch einen Tsunami aus”, sagt Jörn Lauterjung vom Potsdamer Geoforschungszentrum (GFZ), der das deutsch-indonesische Projekt koordiniert. Für das Frühwarnsystem mussten deshalb neue Messtechniken kombiniert werden. 51 Millionen Euro steuerte die Bundesregierung für die Entwicklung bei. Auf deutscher Seite sind unter anderem auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Bremer Alfred-Wegener-Institut beteiligt.

In den vergangenen Jahren installierten die Forscher im Küstengebiet Indonesiens rund 140 Messstationen. Auf vorgelagerten Inseln werden Pegelstände aufgezeichnet. Breitband-Seismometer messen Stärke und Lage von Erdeben, Druckmesser am Ozean und mit GPS ausgestattete Bojen erfassen auf dem Meer das Ausmaß der entstehenden Wellen.

Das GFZ wies am Montag Berichte zurück, dass schon vor dem Start mehrere von Deutschland im Meer installierten Bojen verschollen seien. “Von unseren Bojen wird keine vermisst”, sagte der Projektmitarbeiter Daniel Acksel. Notwendig sei allerdings künftig eine regelmäßige Wartung der angestrebten 23 Messbojen. Es gebe Hinweise darauf, dass Fischer an Bojen festgemacht und dabei Instrumente beschädigt hätten, sagte Acksel. Das Warnsystem funktioniere aber auch beim Ausfall einzelner Messeinheiten.

Kernstück des Warnsystems ist die vom DLR entwickelte Software DSS (“Decision Support System”). Diese sammelt die Daten und entscheidet mit Hilfe vorberechneter Simulationen, ob Tsunami-Alarm ausgelöst wird. Einen Tsunami am Rechner nachzustellen ist schwierig: Es hängt von der Küstenbeschaffenheit ab, wie hoch sie werden oder ins Landesinnere vordringen. Über die Gestalt von Küste und Meeresboden vor Indonesien sei noch nicht genug bekannt, sagt Projektleiter Lauterjung. In den kommenden Monaten soll das System im laufenden Betrieb verfeinert werden.

Bis Mitte 2010 solle das Projekt erfolgreich laufen, sagt Thomas Rachel, Staatssekretär im Forschungsministerium, der die Eröffnung in Jakarta begleitet. Auch andere Anrainer des Indischen Ozeans könnten künftig von der deutschen Technologie profitieren, sagte Rachel. “Einige Länder haben schon Interesse angemeldet, bestimmte Komponenten des Tsunami-Warnsystems zu kaufen.”

In Indonesien wird sich die Arbeit der Forscher nun auf die “letzte Meile” konzentrieren, die überwunden werden muss, um die Bevölkerung schnell über einen nahenden Tsunami zu informieren. Gebetslautsprecher der zahlreichen Moscheen könnten als Alarmgeber dienen. Deutschland will auch beim Entwickeln von Evakuierungsszenarien für die teils abgelegenen Gebiete beraten. Die Zeit drängt: Schon ein “kleiner Tsunami” könne in Indonesien tausende Tote zur Folge haben, sagt Lauterjung.

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