Der Moskauer Patriarch Alexi II (Alexi II.) ist im Alter von 79 Jahren gestorben. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche starb am Freitagmorgen in seinem Amtssitz in Moskau (richtig), berichtete Kathpress. Noch am Donnerstag hatte Alexi einen öffentlichen Gottesdienst im Kreml zelebriert. Der Patriarch wollte auf Einladung von Christoph Kardinal Schönborn vom 20. bis 23. Dezember Wien einen Besuch abstatten. Bei diesem Anlass sollte er die neu renovierte russisch-orthodoxe Nikolauskathedrale in Wien-Landstraße weihen und auch mit Bundespräsident Heinz Fischer zusammentreffen.
Alexi II. stand seit 1990 an der Spitze der zahlenmäßig größten orthodoxen Kirche und hat ihren Wiederaufbau und ihre Erneuerung nach sieben Jahrzehnten kommunistischer Herrschaft eingeleitet. Innerkirchlich suchte Alexi dabei eine Balance zwischen reformorientierten Kräften und Strömungen, die stark konservativ, antiökumenisch und teilweise auch nationalistisch orientiert sind. Bereits vor mehreren Jahren traten gesundheitliche Probleme Alexis zutage.
Die Neuordnung des Verhältnisses zu Staat und Gesellschaft gestaltete sich für Patriarch Alexi angesichts der unsicheren politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in den 90er Jahren zunächst schwierig. In den letzten Jahren, besonders nach dem Amtsantritt von Präsident Wladmir Putin als Staatspräsident, haben sich diese Beziehungen aber konsolidiert und deutlich verbessert.
Lange gespannt blieb dagegen das Verhältnis zur katholischen Kirche. Alexi verteidigte den Anspruch der russischen Orthodoxie auf ihr traditionelles “kanonisches Territorium” und hielt den Katholiken vor, in Russland zu missionieren und orthodoxe Gläubige abzuwerben. Ein Treffen mit Johannes Paul II. und auch mit Papst Benedikt XVI. kam nicht zustande. Zuletzt zeigte sich Alexi II. jedoch “glücklich” über “die Perspektive der Entwicklung guter Beziehungen und positiver Zusammenarbeit zwischen russisch-orthodoxer und römisch-katholischer Kirche”. Die Basis der Zusammenarbeit bestehe in den “gemeinsamen Wurzeln” und in den “übereinstimmenden Positionen zu vielen Fragen der Welt von heute”, schrieb der Patriarch in einem Brief an Papst Benedikt XVI. im Oktober dieses Jahres.
Der Vatikan drückte tiefe Trauer wegen des Todes von Patriarch Alexi II. aus. In einer Botschaft des deutschen Kardinals Walter Kasper, Präsident des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, hob der Vatikan Alexis “persönlichen Einsatz zur Förderung der Beziehungen mit der katholischen Krisen trotz Schwierigkeiten und Spannungen” hervor. “Alexi hat Russlands orthodoxe Kirche in einer starken Umbruchsphase geleitet. Seine Führung hat der Kirche ermöglicht, die Herausforderungen vom Übergang von der sowjetischen Ära zur heutigen mit einer erneuerten inneren Vitalität zu meistern”, so Kasper. Der deutsche Kardinal hob den starken Willen Alexis zur Förderung der Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche hervor.
Tief betroffen zeigte sich Kardinal Schönborn. Im Gespräch mit “Kathpress” würdigte der Wiener Erzbischof den verstorbenen Patriarchen als “bedeutende kirchliche Persönlichkeit”. Alexi II. habe die russisch-orthodoxe Kirche in der Zeit des Umbruchs geleitet. Dieser Umbruch habe für die Kirche einerseits die “Befreiung aus der Unterdrückung durch den Kommunismus” bedeutet, zugleich aber auch große Herausforderungen durch die neue Säkularisierung mit sich gebracht. Er hoffe auf einen guten und begnadeten Nachfolger für Patriarch Alexi II., der dessen großes Erbe weiterführen kann, so der Kardinal.
Der Wiener russisch-orthodoxe Bischof Hilarion (Alfejew) zeigte sich im Gespräch mit Kathpress bestürzt über den Tod von Alexi II.. Das bleibende Verdienst Alexis werde es sein, die russische Kirche “aus der Zeit der Verfolgung in eine Zeit des Wiederaufbaus geführt und eine wirkliche Renaissance der russischen Orthodoxie in Gang gesetzt” zu haben. Was die für 21. Dezember geplante feierliche Wiedereinweihung der renovierten russisch-orthodoxen Nikolauskathedrale in Wien betrifft, zu der Alexi II. hätte kommen sollen, sei derzeit noch alles offen. Er erwarte eine Entscheidung darüber, ob und in welcher Form diese Feierlichkeiten stattfinden, frühestens für Anfang nächster Woche.
Alexi II. – mit bürgerlichem Namen Alexi Michailowitsch Ridiger, Sproß einer baltischen Adelsfamilie, wurde am 23. Februar 1929 in der estnischen Hauptstadt Tallinn (Rewal) geboren. Nach seiner Ausbildung am Priesterseminar in St. Petersburg empfing er 1950 die Priesterweihe. Von 1961 bis 1986 war er Metropolit von Tallinn und Estland. Anschließend wurde Alexi Metropolit von St. Petersburg und Nowgorod. Am 7. Juni 1990 wählte ihn ein Landeskonzil aus sechs Kandidaten mit 166 von 317 Stimmen zum Nachfolger des verstorbenen Patriarchen Pimen und damit zum 15. Patriarchen von Moskau. In der Epiphanie-Kathedrale in Moskau wurde Alexi am 10. Juni 1990 in sein Amt als Patriarch eingeführt.