Die Menschenrechtsorganisation äußert sich in ihrem am Mittwoch vorgelegten Jahresbericht 2008 besonders besorgt über fast fünf Millionen Vertriebene aufgrund religiös motivierter Gewalt. Demnach flohen 2,8 Millionen Menschen innerhalb des Landes, zwei Millionen weitere verließen das Land. Die Zivilbevölkerung werde immer wieder Ziel von Übergriffen durch sunnitische und schiitische Milizen.
Zivilisten würden immer noch Opfer von Einsätzen der US-Soldaten sowie der irakischen Armee, kritisierte HRW. Die Organisation beklagte auch die Zustände in den Gefängnissen des Landes. Immer wieder gebe es Berichte über Folter. Die Haftanstalten seien mit rund 24.000 Gefangenen überbelegt. Allein die US-Armee halte noch weitere 17.000 Menschen fest. Manche Häftlinge sitzen laut HRW schon seit Jahren ohne Anklage oder Verfahren im Gefängnis.
HRW kritisierte die anhaltende Gewalt von Aufständischen, Milizen, Polizei und Soldaten gegen Frauen. Die Taten würden nur in den seltensten Fällen verfolgt. Besonders die Gewalt der Aufständischen richte sich gegen Politikerinnen, Amtsträgerinnen, Journalistinnen und Frauenrechtlerinnen. Zur Beseitigung der Missstände fehle es an einem unabhängigen Rechtssystem im Irak, bemängelte die Menschenrechtsorganisation. Die Justiz werde von der schiitisch dominierten Regierung unter Druck gesetzt und die Rechte der Verteidigung missachtet, wie etwa beim Prozess gegen den früheren Staatschef Saddam Hussein.
Im Irak hat sich die Lage der christlichen Bevölkerungsteile seit der US-Invasion 2003 dramatisch verschlechtert. Davor lebten rund 850.000 Christen im Irak. Etwa die Hälfte soll seither geflohen sein. Mehr als sechzig christliche Geistliche kamen bei Mordanschlägen ums Leben, so auch der entführte chaldäische Erzbischof von Mossul, Paulos Faraj Rahho, dessen Leichnam auf einer Müllhalde gefunden wurde. Dutzende Kirchen wurden niedergebrannt, viele Christen ermordet, Diskriminierung und Anfeindung sind an der Tagesordnung. Wer als Christ erkannt werde, sei oft Zielscheibe brutalster Verfolgung, wie Geistliche berichteten. Die Mehrheit der Christen im Irak gehört zu der mit Rom unierten chaldäisch-katholischen Kirche, deren Oberhaupt, der in Bagdad residierende Patriarch von Babylon, Kardinal Emmanuel III. Delly, die Befürchtung ausgedrückt hat, dass es innerhalb einer Generation keine Christen mehr im Irak geben werde.