Unter anderem sei ein internes Papier über den Meinl-Gutachter Thomas Havranek aufgetaucht.
Havranek wurde wie berichtet vom Gericht beauftragt, ein Gutachten in der Strafsache gegen Julius Meinl V. zu erstellen. Darin soll er die Verwicklungen zwischen der Meinl European Land (MEL, heute: Atrium Real Estate), der Meinl Bank und Julius Meinl prüfen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Eine bereits vorliegende Rohfassung soll laut “Format” (Online-Ausgabe) schwere Verstöße gegen den Corporate Governance Codex erkennen lassen und den Verdacht des Anlegerbetrugs und der Provisionsschinderei erhärten.
In der Meinl Bank wird die Existenz eines Dossiers über Havranek laut “Format” grundsätzlich bestätigt: “Nachdem mehrere Medien geschrieben haben, dass der Sachverständige Thomas Havranek als Meinl-kritisch gilt, wurde in öffentlich zugänglichen Datenbanken und Medienarchiven recherchiert, ob sich Hinweise auf diese Haltung finden”, so ein Meinl-Bank-Sprecher zu dem Magazin. Ein Sachverständiger müsse unvoreingenommen und unbefangen sein. Der Vorwurf der Bespitzelung wurde gegenüber “Format” zurückgewiesen: “Derartige Recherchen gehören zur professionellen Verfahrensvorbereitung. Selbstverständlich hat niemals eine Observierung oder Ähnliches stattgefunden.”
Trotzdem werde in der Justizbehörde nicht ausgeschlossen, dass der Rechercheauftrag zu Havranek weitreichender gewesen sein könnte, so “Format” in seiner Online-Ausgabe. Das “Dossier TH” sei in mehrere Kapitel untergliedert und mit prägnanten Überschriften versehen: von “TH als Terror- und Kriminalitätsexperte” über “TH gegen Cyber Crime” bis hin zu “Thomas Havranek verkauft sein Auto”. Auch die wechselhafte Karriere des Gerichtsgutachters und seine politischen Connections seien in dem Papier dokumentiert. Besonders mysteriös hätten die Meinl-Rechercheure Havraneks Zeit beim britischen Privatgeheimdienst MIG (“Merchant International Group”) und seine Kooperation mit dem Risk-Advisor “LH-Blenheim” empfunden. Kritisch beäugt werde zudem seine Unternehmensberatung CIN (“Corporate Information Network”), wo er Ex-Innenminister Ernst Strasser (V) als Partner sowie Ex-OMV-Chef Richard Schenz und Ex-Stapo-Chefinspektor Peter Sturm als Beirat habe. Dass sein Vater, der Wirtschaftsprüfer Günther Havranek, beste Kontakte ins “rote” Wien pflege, werde auch angemerkt. Der Kripo liege der erste Teil des Havranek-Dossiers vor, schreibt “Format”. Darüber hinaus sollen noch zwei Bände existieren, was die Meinl Bank dementiere.
Das bei den Razzien sichergestellte Material gibt laut “Format” auch neue Einblicke in das Luxus-Leben von Julius V. Dieser sei Stammgast im Nobel-Hotel “Lanesborough” in London. Eine Nacht in der “Buckingham Suite” koste umgerechnet 2.700 Euro, allen Gästen stünden zwei Rolls-Royce Phantom sowie eine Selektion von S-Klasse-Mercedes und 7er-BMW zur freien Verfügung. In den Unterlagen befinden sich auch Flugpläne für Business-Reisen etwa nach London, Moskau und Zürich, die mit einem Privatjet zurückgelegt worden seien. Eine Flugstunde koste etwa 5.500 Euro.
Von Skurrilitäten im Zusammenhang mit der vorwöchigen Hausdurchsuchung berichtet indes die Tageszeitung “Österreich” (Donnerstag). Die Beamten hatten demnach ein veraltetes Organigramm des Meinl-Imperiums als Arbeitsunterlage dabei: Als Vorstände der Meinl Bank seien unter anderem Wolfgang Samesch, Ernst Wimmer und Andreas Tuchacek angeführt – alle drei haben das Institut vor vielen Jahren und lange vor der Gründung der MEL verlassen. Zwei der aufgelisteten Aufsichtsräte seien bereits verstorben. Julius V. werde sowohl als Vorstand als auch als Aufsichtsrat der Bank geführt.