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Bär Moritz riss Hirsch

Nachdem er vergangene Woche einen kapitalen Hirsch gerissen hatte, lungert Braunbär Moritz nun in der Obersteiermark herum. Wie es seitens der lokalen Jägerschaft hieß, habe man bei der Fütterung am Vormittag frische Spuren des etwa sieben Jahre alten Bären gefunden. Über die weitere Vorgehensweise gibt es keine Einigkeit zwischen Jäger und Behörden.

Seit Herbst 2008 halte sich Moritz rund um das Dachstein-Plateau auf und habe im Oktober bereits ein Schaf gerissen, so der pensionierte Aufsichtsjäger Alfred Percht im APA-Gespräch. Seitdem der Braunbär vor etwa zwei Wochen aus dem Winterschlaf aufgewacht ist, halte er sich immer wieder im rund 2.500 Hektar großen Gatter der Bundesforste auf. Das Eindringen falle Moritz nicht schwer, da der Zaun teilweise noch völlig unter den Schneemassen begraben sei. Das nach dem Riss des Hirschen geflüchtete Rotwild – rund 130 Tiere – käme zwar teilweise zur Fütterung wieder zurück, bleibe aber offenbar aus Angst nicht im Gehege. Die Jäger fürchten nun Probleme mit Wildschäden. Ihre Forderung daher: Der Bär müsse aus dem Gatter raus, so Percht. Als Lösung schlug der Aufsichtsjäger vor, den Bären zu betäuben und abzutransportieren. Bärenanwalt und Behörden würden sich aber dagegen aussprechen.

Als erste Maßnahmen wurde der Kadaver des toten Hirschen weggebracht und die Straße zum Gehege geräumt, so Bernhard Schragl, Sprecher der Bundesforste. Um das teils bis ins Tal geflüchtete Rotwild zurückzuholen, überlege man den Einsatz von Lockfutter. Für die Zukunft sei laut Schragl ein Elektrozaun als Abwehr gegen den Bären denkbar. Eine Maßnahme, von der Percht aus Erfahrung wenig hält: Da die Tiere bei einem Stromschlag in den Zaun sprängen, sei dieser jeden Tag aufs Neue beschädigt worden. Als “maximale Maßnahme” sehen die Bundesforste eine Rohrfalle: Der so gefangene Bär soll mit einem Sender zwecks Verortung ausgestattet werden.

WWF-Bärenexpertin Christina Kubalek sieht im jüngsten Zwischenfall keinen Grund zur Sorge. “Das ist ganz typisches Verhalten und macht ihn nicht zum Problembären.” Beim WWF ist man angesichts der Stimmung unter den Jägern – so ist ein Abschuss für Percht “als letzte Konsequenz” vorstellbar – durchaus in Sorge. Zudem sei nun Moritz “geoutet” worden: Während man seinen Aufenthaltsort bisher immer nur recht vage genannt hatte, sei dieser nun bekannt.

Auch wenn nach dem “Nein” der Steiermark das Wiederansiedlungsprojekt derzeit auf Eis liegt, wollen die Naturschützer weiterhin das Gespräch mit allen Beteiligten suchen. “Die Verantwortung von Österreich ist da, den Bären wieder anzusiedeln”, ist Kubalek überzeugt. “Es ist lediglich eine Frage der Zeit.” Die drängt allerdings, denn Moritz und sein Vater Djuro sind die beiden letzten verbliebenen Exemplare in den Nördlichen Kalkalpen. Ohne weibliche Gesellschaft für sie ist die Population zum Aussterben verurteilt.

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