Das Phantom” war wirklich eines: Eine vermeintliche Serientäterin, der 38 Straftaten inklusive mehrerer Morde in 15 Jahren in Österreich, Deutschland und Frankreich zugeschrieben wurden, entpuppte sich offenbar als Mystifikation. Den Grund zur Annahme, dass die Unbekannte existiert, boten anscheinend mit DNA verunreinigte Wattestäbchen, die bei der Sicherstellung biologischer Spuren an Tatorten verwendet worden waren.
Ungereimtheiten
In Österreich wurden dem Phantom” 16 in Oberösterreich und Tirol verübte Einbruchsdiebstähle in den Jahren 2004 bis 2007 zugeschrieben. Als die unbekannte Frau im September vergangenen Jahres scheinbar auch noch in ein Tötungsdelikt in einer Linzer Disco verwickelt war, begann sich das Blatt zu wenden: Denn intensive kriminalistische Untersuchungen ergaben, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit war. Daraus zogen Ermittler und Kriminaltechniker den Schluss, dass mit der DNA-Probe etwas nicht stimmen konnte. Auch in Deutschland führten Ungereimtheiten zu einem solchen Verdacht, und zwar bei der Identifizierung einer Leiche. Als man der Vermutung nachging, es handle sich bei dem Toten um einen vermissten Asylwerber, tauchte bei der Analyse seiner im Akt aufliegenden Fingerabdrücke DNA des Phantoms” auf. Nach weiteren eingehenden Ermittlungen stand fest, dass die verwendeten Wattestäbchen an allen Tatorten von einem bestimmten Hersteller in Deutschland stammten. Warum sie DNA enthielten, weiß man derzeit noch nicht. Andrea Raninger, stellvertretende Direktorin des Bundeskriminalamts in Wien, wies auf Möglichkeiten hin, wie es zu den Verunreinigungen gekommen sein könnte: dass Hautschuppen beim Verpacken in die Produkte kamen, die Watte schon vor der Verarbeitung kontaminiert war oder das Bestrahlungssystem zur DNA-Beseitigung ausfiel. Das Phantom”, auch Frau ohne Gesicht” genannt, war besonders in Deutschland eine intensiv gesuchte Täterin, da man davon ausging, dass sie unter anderem für zwei länger zurückliegende Morde an Pensionisten sowie einen Mord an einer jungen Polizistin im April 2007 in Heilbronn verantwortlich war. Baden-Württemberg will den Hersteller von Wattestäbchen klagen, wenn Verunreinigungen zu falschen DNA-Proben im Fall des Heilbronner Phantoms” geführt haben.