Der Staatsminister im deutschen Auswärtigen Amt, Gernot Erler, etwa sprach sich für einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union aus. Der deutsche Europaparlamentarier Elmar Brok warf Obama dagegen vor, sich in ureigene Entscheidungen der EU einzumischen. Der französische Sozialist Vincent Peillon, der für das EU-Parlament kandidiert, kritisierte den Widerstand des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gegen einen Türkei-Beitritt als “unverantwortlich”.
“Niemand hat gesagt, dass die Türkei jetzt Europa beitreten muss. Diese Verhandlungen sind lang und komplex, aber es ist eine schwere historische Verantwortung angesichts des beginnenden Jahrhunderts und der geostrategischen Herausforderungen von morgen, wenn man a priori sagt, nein, ich will nicht”, so der französische Oppositionspolitiker. “Diese Äußerungen von Nicolas Sarkozy sind unverantwortlich”, betonte Peillon, der bei der Europawahl als PS-Listenführer in Südostfrankreich antritt, gegenüber dem Radiosender “France Inter”. Er erinnerte an die Rolle, die Ankara im Nahost-Konflikt, bei den Verhandlungen mit dem Iran und dem Irak sowie in afghanischen und pakistanischen Fragen gespielt hat.
Auch der deutsche SPD-Politiker Erler sprach sich für die Türkei aus. Die USA hätten großes Interesse an einer Integration des Landes in die EU. “Das ist ein geopolitischer Ansatz, den man nachvollziehen kann, den ich persönlich auch für richtig halte”, sagte Erler laut Nachrichtenagentur AP. Auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD sei das Ziel erwähnt. “Da steht nichts von privilegierter Partnerschaft”, sagte er.
Dagegen meinte der CDU-Europaparlamentarier Brok zu radioeins vom rbb: “Das ist unsere Angelegenheit. Wir reden auch nicht darüber, ob die Vereinigten Staaten neue Mitglieder aufnehmen sollen.” Außerdem würde sich die Europäische Union mit einem Land wie der Türkei zum gegenwärtigen Zeitpunkt völlig übernehmen. “Dieses Land ist selbst noch nicht fertig im Bereich der politischen Entwicklung und der Rechtsstaatlichkeit und Fragen, die mit Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit zu tun haben.”
Zum Abschluss seiner ersten Europa-Reise als US-Präsident führt Obama am Montag in Ankara Gespräche mit der türkischen Regierung. Beim EU-USA-Gipfel in Prag hatte Obama die Teilnehmer am Sonntag zu einer schnellen Aufnahme der Türkei gedrängt – nicht zuletzt, um ein positives Signal an die islamische Welt auszusenden.
Sarkozy hatte daraufhin seine Ablehnung einer türkischen EU-Mitgliedschaft bekräftigt, und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zurückhaltend. Skepsis ließ auch Bundeskanzler Werner Faymann (S) erkennen. Außenminister Michael Spindelegger (V) meinte, die Worte des US-Präsidenten sollten offenbar in der Türkei gehört werden und könnten ein Ansporn für weitere Reformen sein. Derzeit seien acht Kapitel im Beitrittsprozess aus gutem Grund gestoppt, und es gebe keine Anzeichen für Fortschritte. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sowie Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi begrüßten Obamas Vorstoß dagegen.