Der 80-Jährige, der schon längst nicht mehr wie in der Vergangenheit die Massen anzieht, begnügte sich in der südfranzösischen Hafenstadt mit einem “republikanischen Bankett”, bei dem er in Anwesenheit einiger hundert Sympathisanten gegen das “globalisierungsfreundliche Europa” wetterte.
Le Pen, der die FN-Wahlliste in Südostfrankreich anführt, warf insbesondere Wirtschaftsministerin Christine Lagarde vor, die Realität des “Desasters” der aktuellen Finanzkrise zu “maskieren”. “Frau Lagarde, die amerikanische Ministerin des Präsidenten Nicolas Sarkozy, liefert uns stets Daten, die weit unter der enttäuschenden Realität liegen”, sagte Le Pen in Anspielung auf den Umstand, dass Lagarde Jahre lang in den USA gelebt und gearbeitet hatte.
“Wir befinden uns in einem wirtschaftlichen Desaster, das man zu maskieren versucht. Millionen Franzosen sind ruiniert und wissen es noch nicht”, hämmerte Le Pen vor den mehrheitlich eher betagten Sympathisanten, die er in einem eleganten Hotel der Hafenmetropole zu einem Mittagessen eingeladen hatte.
Die Zeit, da Le Pens politische Gegner befürchteten, er könne die Region Provence-Alpes-Cote d’Azur erobern, scheinen allerdings in weiter Ferne zu liegen. Stellte der FN-Chef zwischen 1990 und 2000 noch eine reelle politische Gefahr dar, die ihn 2002 sogar gegen den amtierenden Präsidenten Jacques Chirac (UMP) in die Stichwahl für den Elysee-Palast brachte, so hörten heuer in Paris nur 1.500 Sympathisanten seiner traditionellen Rede zum 1. Mai zu.
Der Europawahlkampf ist im Prinzip der vorletzte des betagten Rechtsextremisten, der nach der Regionalwahl von 2010 die Parteiführung an seine Tochter Marine abgeben will. Die FN leidet insbesondere unter dem enttäuschenden Ergebnis bei der Parlamentswahl von 2007, da sie die Fünf-Prozent-Schwelle nicht schaffte und daher von der öffentlichen Rückvergütung der Wahlkampfspesen ausgeschlossen blieb. Die “Front National” muss sich auch von ihrem ehemaligen Parteisitz in Saint-Cloud aufgrund anhaltender Geldschwierigkeiten in einer Versteigerung trennen, nachdem in einem Jahr kein Käufer gefunden wurde.
Laut Umfragen kann Le Pens Partei bei der Europawahl vom 7. Juni auch nicht mit mehr als acht Prozent der Stimmen rechnen, während sie vor vier Jahren noch knapp 10 Prozent erhalten hatte. Le Pen wies allerdings darauf hin, dass in jüngsten Umfragen 18 Prozent der jungen Bürger zwischen 18 und 25 Jahren erklärten, für die FN stimmen zu wollen. “Die jungen Leute sind es, welche die größten Truppen von Arbeitslosen liefern”, betonte der Rechtsextremist.