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Abschied vom schwarzen Mohr

Wolfurt - Nach 24 Jahren im Amt übergibt Wolfurts Bürgermeister Erwin Mohr (ÖVP) am Mittwoch Schlüssel und Insignien an seinen Nachfolger Christian Natter.

An seinen ersten Tag als Bürgermeister kann sich Erwin Mohr noch gut erinnern. Der damalige Bürgermeister war im Krankenhaus. Auf seinem Tisch lagen ein paar Akten für den neuen Bürgermeister. „Da ist dein Büro, da ist der Schlüssel vom Rathaus und jetzt bist du verantwortlich, hat man mir gesagt. Vieles war mir damals noch nicht so klar“, sagt Mohr und lacht. „Ähnlich wie heute hat man vor 24 Jahren verschiedene Kandidaten gefragt, ob sie Bürgermeister werden wollten. Zwei, drei haben abgesagt. Ich war damals nicht in der Gemeindevertretung. Aber die Idee, Bürgermeister zu sein und in Wolfurt mitgestalten zu dürfen, hat mich fasziniert. So ein Angebot bekommt man nur einmal.“ Die Begeisterung seiner Frau hielt sich damals in Grenzen. Vermutlich habe sie schon gewusst, wie viel Zeit das Bürgermeisteramt kostet.

Hotelprojekt in Planung

Eingearbeitet hatte sich Mohr schnell – das Geschäft wurde mehr und mehr Alltag. Dazu kamen manch spannende Projekte wie die Geschäftsverbindung im Dorfzentrum. Jetzt wäre an der L 3 ein neues Geschäftszentrum geplant gewesen, doch die Grundstücksverhandlungen konnten nicht erfolgreich abgeschlossen werden. „Das hätte ich gerne realisiert, aber es war mir nicht möglich. Dafür ist unser Hotelprojekt (Sternen) auf dem Gleis und die Eröffnung werde ich hoffentlich in meiner Pension erleben.“ An Bauwerken oder der Anzahl gebauter Straßen will das Gemeindeoberhaupt aber nicht gemessen werden. „Das ist nur die Hardware. Wichtig ist aber die Software, wie die Dinge funktionieren. Und da habe ich das Gefühl, dass die Wolfurter einen großen Gemeinschaftssinn haben. Deswegen war es sehr angenehm hier als Bürgermeister zu arbeiten. Auch auf politischer Ebene wurde niemand verunglimpft und andere Meinungen respektiert.“

Strittige Themen

In der Tat war es während seiner Amtszeit sehr ruhig. „Es gab zwei, drei Situationen, die nicht einvernehmlich waren. Das war einmal der Cubus-Bau, als die SPÖ und die FPÖ eine Volksabstimmung wollten. Die kam aber nicht in Frage, denn sie hätte die Gemeinde unnötig gespalten“, sagt Mohr. „Ein zweites strittiges Thema war 1987 die Zukunft des „Alten Schwanen“. Die Erhaltung war teurer als der Abriss und Neuaufbau. Da gab es heftigtste Angriffe.“ Ganz loslassen von der Politik kann der 62-Jährige aber noch nicht. Seiner Tätigkeit in Brüssel wird der Wolfurter weiter nachgehen. Als einer von sechs Vertretern wird das Gemeindeoberhaupt ein Gespräch mit Margot Wallström, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, führen. „Ich werde die wunden Punkte der ländlichen Gemeinden ansprechen. Weltweit gibt es eine Tendenz hin zu städtischen Regionen, während im ländlichen Raum die Struktur immer mehr abnimmt. Postämter und Bahnhaltestellen werden geschlossen, Buslinien stillgelegt. Der ländliche Raum hat weniger Geld und da muss gegengesteuert werden. Deswegen müssen die Regionalförderungsmittel mindestens im Ausmaß belassen, wenn nicht sogar aufgestockt werden“, meint der angehende Pensionist. Neben Brüssel steht aber noch ein ganz anderes Reiseziel auf dem Plan. „Zusammen mit meinem jüngsten Sohn, der gerade seinen Zivildienst beendet, fahre ich für drei Wochen nach Australien. Dort werde ich meinen Bruder besuchen, der in Melbourne ein französisches Restaurant hat.“

Kleidung terminabhängig

„Down under“ wird der Bürgermeister abschalten und sich an seinen leeren Terminkalender gewöhnen müssen. „Im Outlook ist nichts mehr drinnen“, sagt Mohr und schaut so aus, als könnte er es selbst nicht glauben. Jeden Morgen hat er vor dem Frühstück seine Termine angesehen und überlegt, was er anziehen soll. „Wenn am Nachmittag eine Beerdigung war, habe ich den dunklen Anzug angezogen. War ein Geburtstag von einer 85-Jährigen, hab ich eine Krawatte angezogen. Die hätte sich sonst bestimmt gedacht: Wie kommt denn der Bürgermeister daher?“ Immer im Dienst und viele Abendtermine. War der Bürgermeister privat in Wolfurt unterwegs, ist er meist mit zwei bis drei Botschaften heimgekommen. „Beim Einkaufen oder im Café kommt immer jemand und sagt – guat, dass i di triff … Dazu kommt, dass viele Sitzungen oder Vereinsversammlungen am Abend sind. Meine Frau war dann immer allein daheim. All das geht auf die Dauer schon an die Substanz.“ Während seiner 24 Dienstjahre hat Mohr aber auch viele amüsante Dinge erlebt und durfte sogar mehrmals als Eheberater fungieren. Bei den türkischen Mitbürgern sorgte er regelmäßig für Aufsehen, wenn er mit dem Rad durch Wolfurt fuhr. „In der Türkei fährt niemand mit dem Rad und je höher der Status ist, desto größer das Auto. Da haben sich schon einige umgedreht, um zu schauen, ob es wirklich der Bürgermeister ist, der auf dem Rad fährt.“ Auch bei den älteren Mitbürgern sorgte er für Aufsehen. „Ich habe eine Verkehrsverbundskarte und fahre öfter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Da habe ich eine Mitbürgerin getroffen, die ganz erstaunt war, dass ich Bus fahre. Sie hat dann gefragt, ob sie mir den Führerschein genommen hätten.“

Der letzte Tag

Und wie sieht der letzte Tag aus? „Ich übergebe schon ständig Akten an meinen Nachfolger Christian Natter. Am Vormittag werde ich noch ein paar Gedanken zusammenschreiben – das, was ich am Abend sagen werde. Am Nachmittag ist dann der Auszug aus dem Rathaus und ich werde mit den Mitarbeitern ein letztes Glas Sekt trinken. So gegen 17.30 Uhr werde ich den Schlüssel abgeben und dann wird die Tür ein letztes Mal hinter mir zugehen. Der finale Akt!“ Dass ihm das nicht leicht fallen wird, ist dem Bürgermeister schon jetzt anzumerken und er gibt zu, dass einiges an Wehmut dabei sein wird. „Aber es gibt nur ein Entweder-oder. Und die Tatsache, dass ich einen guten Nachfolger gefunden habe, ein gutes Team im Rathaus arbeitet und ich die Finanzen geordnet übergeben kann, macht die Sache leichter.“ Heute Abend werden dann Christian Natter zum neuen Bürgermeister und Angelika Moosbrugger zur Vizebürgermeisterin gewählt. Mohr wird nach der Angelobung des neuen Gemeindeoberhaupts durch den Bezirkshauptmann seinen Dienstausweis abgeben. Und dann wird künftig vielleicht etwas mehr Zeit für Wandern, Schifahren oder Theaterspielen sein. Seine langjährige Sekretärin, die letztes Jahr in den Ruhestand ging und bereits früher mit Mohr Theater spielte, hat bereits angefragt …

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