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Präsident Graf löste Debatte über Abberufung aus

Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (F) und nicht - wie vorgesehen - das Budget hat auch am dritten Plenartag dieser Woche viel Staub im Hohen Haus aufgewirbelt.

Nach den Attacken auf den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Ariel Muzicant, ging es SPÖ und Grünen am Donnerstag darum, wie man sich des Präsidenten am schnellsten entledigen kann. Beide Parteien konkurrierten mit Gesetzesanträgen zur Absetzbarkeit, ÖVP und BZÖ sahen keinen Grund für ein solches Vorgehen. Die Blauen trotzen weiterhin dem Protest während Muzicant weiter vor der FPÖ warnte. Und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) rief eine Sonderpräsidiale zum Thema ein.

Tags zuvor wollten sie noch nichts davon wissen, später konnte es den Grünen gar nicht schnell genug gehen: Klubobfrau Eva Glawischnig stellte im Nationalrat einen Antrag vor, der die Möglichkeit zur Absetzung von Nationalratspräsidenten bei Zwei-Drittel-Mehrheit und Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten vorsieht. Vorgetragen wurde der Antrag just zu dem Zeitpunkt, als Graf den Vorsitz in der Budgetsitzung übernommen hatte. Gekleidet hatten sich die Grün-Abgeordneten mit den bekannten T-Shirts “Eure Schande heißt Martin Graf”.

SPÖ-Klubobmann Josef Cap wiederum übergab seinerseits dem ÖVP-Klub einen Gesetzesantrag, dessen Beschlussfassung es ermöglichen würde, einen Nationalratspräsidenten mit einer Mehrheit von zwei Drittel der Abgeordneten abzusetzen. Wohl mit wenig Chance auf eine Umsetzung, hatte der Koalitionspartner zuvor schon sein Nein zur Abberufung Grafs bekräftigt und vor Anlassgesetzgebung gewarnt. Einen Freibrief für weitere Provokationen des FP-Politikers sehe man darin nicht, so Generalsekretär Fritz Kaltenegger. Der ÖVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Ernst Strasser, bezeichnete die jüngsten Aussagen Grafs über Muzicant als “inakzeptabel”.

SPÖ Cap appellierte am Nachmittag nochmals an die ÖVP, den Antrag zu unterstützen. “Es ist nicht undemokratisch, sondern sogar demokratisch, wenn es die Möglichkeit gibt jemanden, der gewählt wurde, auch wieder abzuwählen”, so Cap in einer Aussendung. “Der Nationalrat kann einem Minister, ja sogar der gesamten Bundesregierung das Misstrauen aussprechen – warum sollte ein Nationalratspräsident für die Dauer einer Legislaturperiode unabwählbar sein, wenn er beispielsweise den antifaschistischen Grundkonsens der Zweiten Republik in Frage stellt?”, argumentierte der Klubobmann.

Das BZÖ wiederum forderte von der FPÖ, Verantwortung zu übernehmen. “Diese Partei ist nicht mehr die Partei Jörg Haiders. Primitive Dümmlinge haben sich der Partei ermächtigt”, so der BZÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahlen, Ewald Stalder. Parteichef Josef Bucher warnte zudem von einem “Märtyrer-Effekt”, den die Absetzung Grafs bewirken könnte. Ansonsten distanzierten sich die Orangen von den Blauen und betonten die eigene Position, mit der man bürgerliche Wähler rechts der Mitte ansprechen will. In die Presche für Graf sprang sein Parteichef Heinz-Christian Strache der den Dritten Nationalratspräsidenten als “Opfer” bezeichnete. Er sprach auch von “unglaublichen Entgleisungen”, “unfassbaren Unglaublichkeiten” und einer “bewussten methodischen Hetze gegen uns Freiheitliche”. Muzicant geriere sich zudem wie ein Parteipolitiker. Dabei habe gerade er, Strache, immer den Dialog mit allen anderen gesucht.

Aber der eigentliche Betroffene, Muzicant, meldete sich zu Wort. Er stand weiter zu seinen Vergleich von FP-Generalsekretär Herbert Kickl mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels – auch wenn dieser “überzogen” gewesen sei: “Kickl ist einer der Haupttäter beim Hetzen.” Zur diskutierten Abwahl Grafs wollte er “keine Ratschläge erteilen”, die Verantwortung liege bei der Politik. Muzicant glaubt aber, dass Grafs Ansehen so beschädigt sei, dass dieser im Inland und im Ausland Schwierigkeiten haben werde, “als Funktionsträger anerkannt zu werden”.

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