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US-Präsident für Ende des gegenseitigen Misstrauens

US-Präsident Barack Obama hat die Muslime in aller Welt zu einem Neuanfang im gegenseitigen Respekt aufgerufen. Er wolle den "Kreislauf von Misstrauen und Zwietracht" durchbrechen, sagte Obama am Donnerstag in seiner mit Spannung erwarteten Rede an Universität Kairo. Zugleich warb er für eine Beilegung des Nahost-Konflikts mit Hilfe einer Zwei-Staaten-Lösung.
Obamas Rede in Kairo

“Ich bin hierhergekommen, um mich für einen Neubeginn zwischen den Muslimen und den USA einzusetzen”, sagte Obama vor etwa 3.000 geladenen Gästen im Großen Saal der Universität. Der Neuanfang könne auch in seinem Land Ängste auslösen, er habe aber Vertrauen in den Fortschritt der Menschheit. Die USA und der Islam schlössen sich nicht gegenseitig aus, vielmehr hätten sie gemeinsame Grundsätze wie Gerechtigkeit, Toleranz und die Würde jedes einzelnen Menschen.

“Je mehr unsere Beziehungen durch unsere Unterschiede bestimmt sind, desto mehr geben wir denen Macht, die eher Hass als Frieden säen”, sagte Obama. Zugleich betonte er, die USA würden Gewalt niemals hinnehmen, und erinnerte an die islamistischen Terror-Anschläge in den USA vom 11. September 2001.

Obama machte sich in seiner Ansprache auch für einen eigenständigen Palästinenserstaat stark. Er unterstütze die “berechtigten Hoffnungen” der Palästinenser auf eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten, sagte er. Darin liege die “einzige Lösung” für den Konflikt. Der US-Präsident forderte Israel erneut auf, den Bau und Ausbau jüdischer Siedlungen in den Palästinensergebieten zu stoppen. Zugleich bekräftigte er, die Verbindungen zwischen den USA und Israel seien “unzerstörbar”.

Niemand dürfe das Existenzrecht Israels anzweifeln, aber auch Israel müsse die Rechte der Palästinenser anerkennen, forderte Obama. Der US-Präsident will die islamistische Palästinenserorganisation Hamas in eine Lösung für den Nahostkonflikt einbeziehen. “Damit sie eine Rolle spielen kann bei der Erfüllung der Hoffnungen der Palästinenser und damit das palästinensische Volk wieder geeint wird, muss Hamas die Gewalt beenden, frühere Vereinbarung respektieren und das Existenzrecht Israels anerkennen”, sagte Obama. Den Palästinensern riet er, mit friedlichen Mittel für ihre Rechte zu kämpfen.

Der Krieg im Irak hat nach den Worten Obamas auch die Versäumnisse der US-Politik aufgezeigt. Auch wenn er glaube, dass der Irak ohne die Tyrannei von Saddam Hussein besser dran sei, habe der Krieg auch gezeigt, dass es wichtig sei, Diplomatie und internationalen Konsens zur Lösung von Problemen zu nutzen. Er betonte unter großem Beifall in der Universität, dass die USA ihren humanitären Prinzipien treublieben. Deswegen habe er Folter in jeder Form verboten. Er versicherte überdies, dass die USA ihre Truppen nicht auf Dauer in Afghanistan stationieren wollten.

Im Atomkonflikt mit dem Iran forderte Obama die Führung in Teheran zu Verhandlungen auf. Die USA seien auch im Atomkonflikt bereit, “ohne Vorbedingungen” voranzugehen. Der Iran solle das Recht zur zivilen Nutzung der Atomenergie haben. Ein regionales Wettrüsten wäre aber ein “höchstgefährlicher Weg”, warnte Obama.

In der islamischen Welt ist die Rede von US-Präsident Barack Obama in Kairo am Donnerstag vielfach als Zeichen einer veränderten Haltung Amerikas und einer neuen Nahost-Politik aufgenommen worden. Einige Stimmen mahnten aber, den Worten müssten nun auch Taten folgen.

Der Sprecher der palästinensischen Autonomiebehörde von Präsident Mahmoud Abbas, Nabil Abu Rudeineh, sagte, die die Palästinenser betreffenden Passagen in Obamas Rede seien ein wichtiger Schritt für einen Neuanfang. Obama sprach sich in der Rede für einen eigenen Staat der Palästinenser aus und erklärte, dass die Vereinigten Staaten die Legitimität eines fortlaufenden Siedlungsbaus im Westjordanland nicht akzeptierten.

Ein Abgeordneter der mit Abbas’ Fatah rivalisierenden Hamas erklärte, er sehe “viele positive Punkte”. Es bestehe ein Unterschied zur Politik von Obamas Vorgänger George W. Bush, sagte Mahmoud Ramahi. Doch bleibe die Frage, ob das Ergebnis ein unabhängiger palästinensischer Staat sein werde. “Wünsche und Hoffnungen sind angesichts der anhaltenden israelischen militärischen Aggression gegen unser Volk nicht genug”, betonte ein anderer Hamas-Sprecher, Fauzi Barhum. Der US-Präsident habe sich auch nicht für die Zerstörungen entschuldigt, “die Amerika den Völkern im Irak und Afghanistan zugefügt hat”. Die israelische Regierung äußerte sich zunächst nicht.

Omar Al-Rawi von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) würdigte die Ansprache Obamas als “großartige Rede”, die sicherlich in der muslimischen Welt die “Herzen der Menschen erreicht” habe. Europa und auch Österreich könnten sich etwas davon mitnehmen, etwa bezüglich der “Nicht-Diskriminierung der islamischen Frau” in der Frage des islamischen Kopftuchs. Der Wiener SPÖ-Gemeinderat und Integrationsbeauftragte der IGGiÖ verwies auch darauf, dass Obama die 1.200 Moscheen in den USA hervorgestrichen habe – “während bei uns darüber diskutiert wird, ob in der Dammstraße ein islamisches Zentrum errichtet werden darf”.

Unter Obamas Vorgänger George W. Bush war das Ansehen der USA in der islamischen Welt durch den Irak-Krieg, den Skandal um das US-Gefängnis Abu Ghraib im Irak sowie durch die Einrichtung des US-Gefangenlagers Guantanamo auf Kuba erheblich gesunken. Obama hatte zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, die Beziehungen der USA zu den 2 Milliarden Muslimen weltweit auf eine neue Grundlage stellen zu wollen.

Aus Kairo wollte Obama am Donnerstagabend nach Dresden weiterreisen. Am Freitag will er die Gedenkstätte im ehemaligen NS-Konzentrationslager Buchenwald besuchen. 

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