Archivar. Die Gedanken kreisen um endlos lange Aktenregale, verstaubte Dokumente, dicke alte Bücher. Um Räume, in denen Geschichte lebendig wird, Identität gespeichert. Heute ist Vorarlberger Archivtag. Gemeindearchivare aus dem ganzen Land treffen sich, tauschen ihre Erfahrungen aus. Wolfgang Scheffknecht aus Lustenau ist einer von ihnen. Einer, der seinen Job liebt, auch wenn er ihn nur am Feierabend macht.
Dienstleister
Dieser hautnahe Kontakt mit der Vergangenheit ist faszinierend. Und je länger du in einem Archiv arbeitest, desto mehr bekommst du Einblick in die Alltagswelt der Menschen, die früher gelebt haben. Den promovierten Historiker Scheffknecht muss man nicht lange fragen, warum er seine Arbeit gerne macht. Er, der hauptberufliche AHS-Lehrer, verbringt fast jede freie Minute im neuen Lustenauer Gemeindearchiv in der Kaiser-Franz-Josef-Straße 4a. Dort kommen sie zu ihm. Leute, die über vergangene Ereignisse etwas wissen wollen, die sich für alte Gasthäuser interessieren, oder die sich Informationen über Vorfahren erhoffen. Unsere Aufgabe hat sich in den letzten Jahren schon etwas geändert. Wir sind Dienstleister geworden, während früher fast nur das Sammeln und Ordnen im Mittelpunkt stand.
Hobby für Senioren
Die, die zu Scheffknecht kommen, sind hauptsächlich ältere Menschen. Auch die Zuhörer seiner geschichtlichenVorträge, die er über Lustenau, aber auch zu landesweiten Themen hält, sind gesetzteren Alters. Geschichte als ausschließliches Steckenpferd für Senioren? Es haben viele andere vielleicht einfach keine Zeit zur Befassung mit diesen Themen, mutmaßt Scheffknecht. Sehr bedauert es der dreifache Familienvater, dass seiner Meinung nach Geschichte in der Schule immer mehr zurückgedrängt wird. Vor allem spielt man Geschichte oft gegen das Fach Politische Bildung aus. Das ist schade.
Archivar ist kein Typ
Scheffknecht kam nicht als Archivar auf die Welt. Nach der Matura wusste er nur, dass ich unbedingt Latein studieren werde. Geschichte war für mich eine Option, nicht mehr. Doch als er dann die erste Vorlesung des Vorarlberger Althistorikers Franz Hampel an der Uni Innsbruck hörte, war er infiziert. Und dieser Infekt fuhr ihm auch ein, als er in Lustenau bei seinem Vorgänger Adolf Bösch erste Erfahrungen als Archivar sammelte. Dass Archivare ein ganz bestimmter Typ Mensch sind, dementiert Scheffknecht. Da gibt es nicht nur Ruhige, Introvertierte. Es gibt auch solche, die impulsiv und voller Temperament sind.