Die öl- und gasreichen GUS-Staaten in Zentralasien wollen zweierlei signalisieren: dass sie selbst ein Interesse an Europa haben und dass Europa sich nicht nur der Ressourcen wegen für sie interessieren sollte.
Das Seidenstraßen-Land Usbekistan hat zuletzt in Europa eine Kultur-Offensive gestartet, deren Speerspitze die Präsidententocher Gulnara Karimova bildet. Anfang Juli wurde in deren Gegenwart im Wiener Rathaus eine Präsentation usbekischer Musik, Fotografie (anlässlich des 2200-jährigen Bestehens von Taschkent) und Kulinarik geboten. Als Veranstalter fungierten die Stadt Wien, die usbekische Botschaft und das Diplomaten-Magazin “Society”, doch hinter der Aktion stand der von Karimova geleitete Fonds “Forum für Kunst und Kultur” der zentralasiatischen Republik, der sich um die Förderung junger Talente kümmert.
Dieser Fonds hat in Europa bereits vier Zweigstellen eingerichtet; neben Moskau, Paris und Genf (sowie Peking und Tokio) besteht auch ein entsprechendes Büro in Wien. Ziel sei “die Popularisierung des reichen historischen Erbes” der Republik Usbekistan, heißt es in der Eigendarstellung. Bei der Veranstaltung im Rathaus präsentierte sich die attraktive Tochter von Präsident Islam Karimow (Karimov) als Kulturbotschafterin ihres Landes und stellte jugendliche Musiker aus Usbekistan vor, die aus Wettbewerben siegreich hervorgegangen sind.
In Wahrheit ist die Modemacherin und Designerin, die einst den Ruf eines Glamour-Girl genoss, längst in die Politik übersiedelt und bekleidet heute den Posten der usbekischen UNO-Botschafterin in Genf. Damit ist sie auch für den Menschenrechtsbereich zuständig. Der von ihr geleitete Fonds arbeitet mit UNESCO und UNICEF zusammen. Systematisch wird Gulnara Karimova nun als Nachfolgerin ihres Vaters an der Staatsspitze aufgebaut. Noch im Herbst des Vorjahres hatte sie in Samarkand eine spektakuläre “Fashion and Design Week” inszeniert, wo sie Stars wie Rod Stewart und Julio Iglesias engagierte.
In Turkmenistan, das unter dem autoritären Staatschef Saparmyrat Nyazov als demokratiefernste aller mittelasiatischen GUS-Staaten galt, arbeitet dessen Nachfolger an einer vorsichtigen Öffnung. Präsident Gurbanguly Berdymuchammedov musste bei der Amtsübernahme Ende 2006 praktisch am Nullpunkt anfangen. Unter dem “Turkmenbashi” (Vater aller Turkmenen) herrschte ein absoluter Personenkult – der Lehrplan enthielt das von ihm verfasste Buch “Ruhnama” (Buch des Geistes), zugleich ein Unterrichtsverbot von Mathematik und Fremdsprachen sowie ein Verbot von Oper und Ballett in der Kultur.
In naher Zukunft will die turkmenische Regierung erstmals auch West-Touristen ins Land locken. Im Mai 2007 wurde in Avaza am Kaspischen Meer der Grundstein für einen touristischen Mega-Komplex gelegt, dessen erste Ergebnisse Mitte Juni ausländischen Diplomaten und Journalisten präsentiert wurden. Der Staatspräsident nahm in einer von Folklore umrahmten Feier die Eröffnung der ersten drei Hotels des Avaza-Komplexes vor. Die offizielle Landespresse versprach potenziellen Investoren “ein Paradies” mit allen erdenklichen Rechtsgarantien.
1,5 Mrd. US-Dollar (1,065 Mrd. Euro) wird nach offiziellen Angaben die Ausgestaltung der Zone von Avaza verschlingen. Dazu gehören ein neuer Flughafen, Autobahnen, ein Gaskraftwerk, eine Entsalzungsanlage. Mindestens zehn Sanatorien und Luxushotels sollen auf dem 5.000 Hektar großen Areal entstehen. Auch für die Unterhaltung wird gesorgt werden – mit Pools, Jacht- und Sportclubs, Einkaufszentren. Das regionale Städtchen Turkmenbashi (vielleicht wird es bis dahin noch umgetauft?) soll zu einem internationalen Bahnknotenpunkt zwischen Turkmenistan, Kasachstan und dem Iran werden.
Im künftigen OSZE-Vorsitzland Kasachstan – der Stichtag 1. Jänner 2010 rückt immer näher – ist nicht nur wegen der in der Region generell verbreiteten Demokratiedefizite Imagepflege angesagt. In Österreich, das den Sitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit beherbergt, hat das Land derzeit ein ramponiertes Prestige. Die Causa um den ehemaligen Botschafter und Ex-Schwiegersohn von Präsident Nursultan Nasarbajew (Nasarbajev), Rakhat Aliyev, dessen Auslieferung die österreichische Justiz 2007 verweigerte, und die sich daran knüpfende aktuelle Abhöraffäre kommen der Führung in Astana wohl sehr ungelegen. Die bilaterale Botschaft will sich in die Ermittlungen “nicht einmischen”.
International bereitet sich Kasachstan seit längerem auf die OSZE-Präsidentschaft vor. Die zentralasiatische Führungsmacht engagierte eine ausländische Werbeagentur, die regelmäßig über politische, wirtschaftliche und kulturelle Aktivitäten informiert. Im Vorfeld des OSZE-Vorsitzes machte Nasarbajew den Dialog der Kulturen und Religionen zu einem Themenschwerpunkt. In der Bundeshauptstadt wurde bereits ein repräsentatives Gebäude zu OSZE-Zwecken angemietet. Unterdessen hat der geschaßte Ex-Botschafter und Stein des Anstoßes zwischen Astana und Wien – nach Eigendefinition “Staatsfeind Nummer eins” – Rache genommen: Aliyevs “Abrechnung mit dem Despoten” (Ex-Schwiegervater) erschien in Buchform unter dem Titel “Godfather-in-Law” (etwa: Schwieger-Pate).