Die Regierungschefs der 20 größten Industrieländer (G-20) verabredeten auf ihrem Gipfel am Freitag in Pittsburgh außerdem, ihren Kreis zu einer Art Weltwirtschaftsregierung fortzuentwickeln.
Für 2010 streben sie als zusätzlichen Wachstumsschub einen Durchbruch bei der Handelsliberalisierung an.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück sprachen von einem Erfolg, der auch auf ihr Drängen zurückgehe. Begleitet wurde der Gipfel von Zusammenstößen zwischen Polizei und Globalisierungsgegnern. Zum Auftakt des Treffens am Donnerstag waren rund 300 Demonstranten randalierend durch die Stadt gezogen. Die Polizei setzte Reizgas und Schlagstöcke ein.
Der zweitägige Gipfel an der US-Ostküste ist der dritte seit dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers vor gut einem Jahr. Zur Stützung von Banken und Konjunktur wurden seitdem staatliche Programme im Umfang von rund fünf Bill. Dollar (3.408 Mrd. Euro) aufgelegt. Die G-20 verabredeten, die Hilfen erst zurückzufahren, wenn ein nachhaltiger Aufschwung der Wirtschaft gesichert ist.
Dem Entwurf für das Schlussdokument zufolge sollen die schärferen Eigenkapitalvorschriften für Banken 2010 formuliert und bis Ende 2012 eingeführt werden. Die Institute müssten dann – abhängig von Größe und Risiken – mehr eigenes Geld vorhalten. Dadurch soll auch der Druck auf die Regierungen nachlassen, systemrelevante Banken bei Schieflagen mit Steuergeld zu retten. Die USA kündigten an, bis 2011 die bereits international verabredeten Banken-Eigenkapitalregeln “Basel II” einzuführen.
Beim in der Öffentlichkeit populären Thema Bonus-Zahlungen stellten sich die G-20 hinter die Vorschläge des Expertengremiums “Financial Stability Board” (FSB). So soll die Zusatzvergütung nicht mehr an kurzfristigen Gewinnen, sondern am nachhaltigen Erfolg der Bank ausgerichtet sein. Neben Bonus- soll es auch Malusregeln bei Misserfolgen geben. Eine von Frankreich und Deutschland geforderte Bonus-Obergrenze scheiterte allerdings.
Dass die Finanzmarktregeln verbessert würden, sei auch auf den Druck aus Deutschland zurückzuführen, sagte Merkel. Die Beschlüsse seien konkreter als die des vorangegangenen Gipfels im April in London. Bei den Bonuszahlungen sollen den Banken Konsequenzen drohen. In der deutschen Delegation war von Sanktionen die Rede. So könnten Aufseher bei Verstößen gegen die Bonus-Prinzipien verlangen, mehr Eigenkapital zurückzulegen.
Steinbrück sagte, von dem Gipfel gehe das Signal an alle Finanzmarktakteure aus, dass man nicht weitermachen könne wie vor der Finanzkrise. Mit seiner Forderung nach einer Beteiligung der Finanzmärkte an den Krisenkosten über eine Steuer auf alle Arten von Börsengeschäfte konnte er sich nicht durchsetzen.
Merkel sagte, die G-20 seien sich einig, dass sie zu einer Art ökonomischer Weltregierung werden wollten. Darauf hatten vor allem die USA und Großbritannien gedrängt. Die Bundesregierung hatte eine Stärkung der G-20-Runden unterstützt, die damit bei Wirtschaftsthemen die G-7- und G-8-Gipfeltreffen ablösen würden.
Einen ersten Anstoß gab der Gipfel bereits für die seit 2001 dahindümpelnde “Doha-Runde” zur Liberalisierung des Welthandels. Dem G-20-Abschlussdokument zufolge soll sie 2010 abgeschlossen werden und damit der Streit über Agrar- und Industrie-Zölle sowie Subventionen endlich gelöst werden. Zudem sollen gewichtige Schwellenländer wie China und Indien beim Internationalen Währungsfonds (IWF) mehr Mitsprache bekommen.
Die deutschen Privatbanken warnten vor einem zu hohen Tempo bei der Änderung der Eigenkapitalvorschriften. Der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Schmitz, sagte dem ZDF, da die deutschen Banken nicht so kapitalmarktorientiert seien wie die angelsächsischen, stelle sich die Frage, wo das Kapital in so kurzer Frist herkommen solle. Der Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) warnte vor einer erhöhten Gefahr einer Kreditklemme durch zu strikte Gipfelbeschlüsse.