Der Ausbau des Flughafens Wien sorgt für weitere Turbulenzen. Bei der Staatsanwaltschaft Wien wird nach einem Bericht des “WirtschaftsBlatt” (Mittwochausgabe) gegen einen Ministerialrat des Verkehrsministeriums, seinen technischen Gutachter, vier Mitarbeiter der niederösterreichischen Landesregierung, den niederösterreichischen Umweltanwalt und den Bezirkshauptmann von Wien-Umgebung wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs ermittelt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Die Angezeigten sollen jahrelang den systematischen Ausbau des Flughafens Wien ohne Durchführung verpflichtender Umweltverträglichkeitsprüfungen genehmigt haben: Die Ausbaumaßnahmen – darunter die dritte Piste, neue Parkplätze und das umstrittene neue Terminal Skylink – sollen nicht als UVP-pflichtiges Gesamtprojekt geprüft, sondern in einzelne Teilprojekte zerlegt worden sein. Vor allem die beiden Beamten des Verkehrsministeriums sollen dabei “mit mehreren erlassenen Bescheiden ihr Amt missbraucht und die Republik Österreich bzw. die vom Flughafenausbau Betroffenen in ihren Rechten geschädigt haben”, schreibt das “WirtschaftsBlatt”.
Auslöser der Ermittlungen ist dem Bericht zufolge eine Strafanzeige eines Flughafen-Anrainer-Ehepaares, aus der Feder der Wiener Anwältin und EU-Rechtsexpertin Susanne Heger, die ursprünglich bei der erst im Jänner 2009 installierten Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) eingebracht wurde. Die Anzeiger berufen sich auf eine gutachterliche Stellungnahme eines renommierten TU-Professors, dem zufolge die Flughafenausbauten als Gesamtpaket zu sehen sind “die im Ablauf serieller Prozesse für eine höhere Gesamtleistungsfähigkeit des Flughafens sorgen, wenn sie in dieser kompakten zeitlichen Abfolge umgesetzt werden”.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft trat den Fall an die Wiener Anklagebehörde ab, da die Vorwürfe großteils den Zeitraum 1997 bis 2007 betreffen.”Die in der Sachverhaltsdarstellung angeführten Bewilligungs- und Feststellungsbescheide und ihre Erlassung durch die genannten Personen bedürfen in Zusammenschau mit der von der Anzeigerin dokumentierten schrittweisen Umsetzung des ‘Masterplans 2015’ durch die Flughafen Wien AG nach amtlicher Ansicht weiterer Erhebungen und der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens nach der Strafprozessordnung, um sie einer abschließenden strafrechtlichen Beurteilung unterziehen zu können”, heißt es laut Zeitung in einem sogenannten Anordnungsbogen der Korruptionsstaatsanwaltschaft an die Wiener Kollegen.
Die Unterlassung einer UVP-Prüfung hat bereits ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich nach sich gezogen. Da die meisten Ausbauten schon abgeschlossen sind, ordnete die EU eine nachträgliche Umweltverträglichkeitsprüfung an. Der EU-Ombudsmann Nikoforos Diamandouros soll bei dieser Ex post-UVP auf “verschiedene Probleme” gestoßen sein, darunter, dass mit dem Verkehrsministerium “dasselbe Ministerium mit der Prüfung beauftragt war, das einige der Genehmigungen für den Flughafen erteilt hat”.