Burg: Viele Uraufführungen in der zweiten Saison-Hälfte

Neben ausführlichem Dank für den “vorurteilsfreien, offenen Empfang” in Wien (mit einer Burg-Auslastung von 99 Prozent) gewährte Hartmann anhand einiger Tafeln Einblicke in das Bestuhlungskonzept des umgebauten Kasinos, für das “Chef-Ästhet” Johannes Schütz verantwortlich zeichnet.
Hartmann hat seit seinem Antritt in Wien “derart viel gearbeitet”, dass er selbst im Moment “nicht mehr so ergebnisorientiert, mit einem fixen Premierendatum im Kopf” weitermachen will. Und um nicht zu einer “Repertoirebedienungsmaschine” zu werden, hat sich der Burg-Direktor mit der Ankündigung, Tolstois “Krieg und Frieden” in einer Fassung von Roland Schimmelpfennig im Kasino zu inszenieren, selbst den “größten Stolperstein” gelegt. Dieser Freiraum, den sich der Regisseur nun nehmen will, führt auch dazu, dass die Uraufführung von “Sie werden noch Pferdefleisch fressen!” (so der Arbeitstitel) nicht zwingend in dieser Saison realisiert werden muss, sie könnte jedoch schon im April stattfinden.
Ganz konkret wird es hingegen bereits mit “Quai West”, dessen Probenlärm sogar bis in Hartmanns Büro vordringt. Ein Stück, “das kein Box Office-Schlager ist und das man eigentlich in der Burg nicht zeigt”, so Hartmann. Gerade deshalb darf man auf die mit Sven-Eric Bechtolf, Elisabeth Orth, Nicholas Ofczarek und Andrea Clausen besetzte Premiere (6.2.) gespannt sein. Am 26. Februar folgt die Uraufführung von Sibylle Bergs “Nur Nachts”, in der Regisseur Niklaus Helbling mit Dietmar König, Sarah Viktoria Frick und Daniel Jesch ins Akademietheater einzieht. “Selten so neugierig auf etwas” ist Hartmann bei der Uraufführung von Thomas Vinterbergs “Das Begräbnis” (6.3., Burgtheater). Vinterbergs erste Theaterarbeit ist laut Hartmann der zweite Teil des Erfolgsfilms “Das Fest”, eine mögliche Verfilmung soll jedoch erst nach der Theaterfassung in Betracht gezogen werden.
“Schöner kann man so ein Stück gar nicht besetzen”, zeigte Hartmann seine Vorfreude auf Horvaths “Geschichten aus dem Wiener Wald”, für die Stefan Bachmann mit Ofczarek, Birgit Minichmayr, Bibiana Zeller und Regina Fritsch arbeiten wird (Premiere: 16.4., Akademietheater). Ein großes Geheimnis ist für Hartmann das neue Stück von Rene Pollesch, das unter dem Titel “Peking-Opel” am 28. Mai im Akademietheater seine Uraufführung feiert. Mit Spannung erwartet wird auch Peter Handkes Fassung von Euripides’ “Helena”, die Luc Bondy mit Birgit Minichmayr und Ernst Stötzner als Koproduktion mit den Wiener Festwochen erarbeitet (9.6., Burgtheater).
Im Vestibül gastiert am 13. Februar die “Junge Burg” und zeigt Ferdinand Bruckners “Krankheit der Jugend”, in dem die Teilnehmer der Jugendschiene “Theaterjahr” auf der Bühne stehen. Joachim Meyerhoffs “Alle Toten fliegen hoch, Teil 6” steht am 20. Februar auf dem Programm, am 19. März folgt Oscar Wildes “Dorian Gray” in einer Inszenierung von Bastian Kraft.
Über die abgelaufene erste Hälfte der Saison konnte Hartmann fast nur Gutes berichten: 10.000 Zuschauer mehr als im Vergleichszeitraum 2008 hätte man im Herbst in Burg- und Akademietheater begrüßt, die Auslastung insgesamt liege bei ca. 87 bis 88 Prozent, die des Burgtheaters gar bei 99 Prozent. Als besonders interessant habe er die “Begegnung mit den Studenten” empfunden, die im Rahmen der Proteste eine Aufführung des Burgtheaters gestürmt hatten. Daraufhin habe er “so viele böse Briefe wie noch nie” und zahlreiche Abo-Kündigungen erhalten, dennoch wolle er den Diskurs aufrecht erhalten und etwa in einem Workshop mit ihnen arbeiten.
Weiters wird der “Weibsteufel” wieder ins Repertoire aufgenommen, ab März soll es auch regelmäßig Wiederholungen des Leseabends mit dem Briefwechsel zwischen Thomas Bernhard und Siegfried Unseld mit Peter Simonischek und Gert Voss geben. Der Zeitpunkt der Rückkehr des Letzteren als “Mephisto” ist nach seinem Schienbeinbruch laut Burgtheater noch ungewiss. Bis auf weiteres steht Joachim Meyerhoff als Mephisto in “Faust I” auf der Bühne.
Premieren der zweiten Hälfte der Burgtheater-Saison 2009/2010:
“Quai West” von Bernard-Marie Koltès
Regie: Andrea Breth
Premiere: 6. Februar im Burgtheater
“Alle Toten fliegen hoch, Teil 6” von Joachim Meyerhoff (UA)
Premiere: 20. Februar im Vestibül
“Nur Nachts” von Sibylle Berg (UA)
Regie: Niklaus Helbling
Premiere: 26. Februar im Akademietheater
“Das Begräbnis” von Thomas Vinterberg und Mogens Rukov (UA)
Regie: Thomas Vinterberg
Premiere: 6. März 2010 im Burgtheater
“Dorian Gray” von Oscar Wilde
Regie: Bastian Kraft
Premiere: 19. März im Vestibül
“Geschichten aus dem Wienerwald” von Ödön von Horváth
Regie: Stefan Bachmann
Premiere: 16. April 2010 im Akademietheater
“Sie werden noch Pferdefleisch fressen!” (UA)
Szenen aus Tolstois “Krieg und Frieden” von Roland Schimmelpfennig
Regie: Matthias Hartmann
Premiere: im April geplant
“Peking-Opel” von René Pollesch (UA)
Regie: René Pollesch
Premiere: 28. Mai im Akademietheater
“Helena” nach Euripides, Fassung Peter Handke
Regie: Luc Bondy
Eine Koproduktion mit den Wiener Festwochen
Premiere: 9. Juni 2010 im Burgtheater