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Geheime Medikamentenstudien an Patienten

Diskussionen rund um sogenannte "Anwendungsbeobachtungen" in der medizinischen Praxis: Das Gesundheitsministerium arbeitet an einer Verordnung über die Registrierung von Studien, also die Nachbeobachtung der Erfahrungen mit bereits zugelassenen Arzneimitteln durch Ärzte.
Hier Geld, da Verschreibung?

Für die Krankenkassen soll es zu mehr Transparenz kommen, bei den Arzneimittel-Sicherheitsspezialisten steht ein möglicher Gewinn an Informationen im Vordergrund. Diskussionen gab es am Montag auch rund um die Abgeltung für die beteiligten Ärzte.

“Alles ist noch im Fluss. Im Verlauf der nächsten Woche soll es ein Gespräch mit der Pharmig (Verband der pharmazeutischen Industrie, Anm.) geben. In der Verordnung selbst soll eine Meldepflicht für solche Studien an die AGES-PharmMed verankert werden. Es geht um Transparenz”, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Zu klären sei jetzt, wer in Zukunft wie viele Daten über solche Studien erhalte.

Der Hintergrund: In Österreich sind solche “Anwendungsbeobachtungen”, bei denen Ärzte ihre quasi “passiven” Erfahrungen mit Arzneimitteln für die Industrie dokumentieren, bisher nicht geregelt. In Deutschland sind sie bereits meldepflichtig. Immer wieder wurde auch der Verdacht geäußert, dass sich über solche Studien die Pharmaindustrie auch Marktanteile sichern oder neue Medikamente schneller in den Markt bringen könnte. Das nennt man im Fachjargon “Seeding-Studies”, bei denen eben gegen Honorar “ausgesät” werden soll.

Auf der anderen Seite werden Pharmakonzerne aber auch zum Teil zu solchen Studien verpflichtet, weil zum Zeitpunkt der Zulassung noch längst nicht alle Kenntnisse über Sicherheit, Nebenwirkungen vorhanden sein können. Für das Entdecken seltener Neben- oder Wechselwirkungen sind die Zulassungsstudien nämlich viel zu klein.

Der Stellvertretende Generaldirektor des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Christoph Klein, begrüßte am Montag im Gespräch mit der APA die Initiative des Gesundheitsministeriums, forderte aber zwei Ergänzungen: “Tatsache ist, dass wir keine Ahnung haben, wie häufig und in welchem Ausmaß solche Studien erfolgen. Wir wollen für die Krankenkenversicherungen wissen, welche Ärzte daran teilnehmen.” Durch die Gegenüberstellung mit der Verschreibpraxis des Arztes könnten dann Marketingeinflüsse durch solche Studien herausgefiltert werden. Die zweite Forderung von Klein: “Die Patienten sollten informiert werden.”

Marcus Müllner, Chef der AGES-PharmMed, ist prinzipiell für das Schaffen von mehr Transparenz: “Wir würden es aber begrüßen, wenn man die geplanten neuen Regelungen dazu verwendet, dass möglichst viele Daten generiert werden, die der Arzneimittelsicherheit dienen.” Hier stünden die Anliegen der Pharma-Vigilanz im Zentrum der Bemühungen.

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