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Korruptionsprozess gegen Bedienstete der Wiener Linien und des KAV

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Ein ehemaliger Mitarbeiter einer niederösterreichischen Groß-Schlosserei sorgte dafür, dass heute, Montag, im Wiener Straflandesgericht ein Korruptionsprozess um kriminelle Machenschaften beim Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) und den Wiener Linien eröffnet werden konnte.

Als die Schlosserei dem Arbeiter nach einem längeren Krankenstand kündigte, marschierte dieser zur Polizei und erstattete Anzeige.

Damit lieferte er nicht nur sich selbst, sondern vor allem den De-facto-Geschäftsführer der Schlosserei, sechs Werkmeister der Wiener Linien, einen KAV-Referatsleiter und zwei KAV-Fachbeamte ans Messer. Sie alle müssen sich nun in einem auf mindestens zwei Wochen anberaumten Strafprozess wegen schweren Betrugs, Bestechung bzw. Geschenkannahme durch Beamte verantworten.

Die Schlosserei führte im SMZ-Süd, im Preyerschen Kinderspital und auf U-Bahn-Baustellen regelmäßig anfallende Reparaturarbeiten durch. Diese wurden über sogenannte Regiescheine abgerechnet: Die Firma listete darin die geleisteten Arbeitsstunden, die tätig gewordenen Mitarbeiter und die Materialkosten auf.

Zweieinhalb Jahre lang – zwischen Jänner 2003 und Juni 2005 – wurde dabei offenbar schamlos auf Kosten des Steuerzahlers getrickst. Der Schlosserei-Betrieb stellte nämlich weit mehr als die tatsächlich geleisteten Arbeiten in Rechnung, wobei die solcherart manipulierten Regiescheine laut Anklage von den Beamten bzw. städtischen Bediensteten in vollem Wissen um ihre inhaltliche Unrichtigkeit abgezeichnet wurden.

Allein im Bereich der Wiener Linien soll so ein Schaden von 340.000 Euro entstanden sein. Insgesamt ist ein Betrag von 482.000 Euro inkriminiert.

Die involvierten Werkmeister und KAV-Mitarbeiter sollen von ihrer Mitwirkung insofern profitiert haben, als sie von der Schlosserei beschenkt wurden. Der eine erhielt laut Anklage Liftkarten für die Wintersaison, der andere Reisegutscheine in Höhe von 4.050 Euro. Einem anderen wurde wiederum ein 6.000 Euro teurer Gartenzaun auf Firmenkosten aufgestellt, ein weiterer musste das Service für seinen Pkw nicht bezahlen und bekam darüber hinaus einen Auspuffkrümmer finanziert.

Sämtliche Werkmeister und KAV-Mitarbeiter, die im Zuge der Ermittlungen allesamt suspendiert wurden, bekannten sich “nicht schuldig”. Letztere stellten überdies ihren Beamten-Status in Abrede, da der KAV ein privat geführtes Unternehmen sei. Ihr Pech: Der Arbeiter, der die Causa ins Rollen gebracht hatte, packte vor Gericht aus und rechnete mit den dubiosen Vorgängen ab, wobei er neben seinem ehemaligen Chef drei bei den Wiener Linien beschäftigte Mitangeklagte massiv belastete.

Als ihn sein Chef, der Geschäftsführer der Schlosserei, beauftragte, mit den Wiener Linien die sogenannten Regiescheine abzurechnen, wären ihm “Ungereimtheiten aufgefallen”, erklärte der frühere Mitarbeiter der Schlosserei. Der betreffende Werkmeister hätte die Anzahl der am Papier verzeichneten Arbeitsstunden mit den Worten “Da schreib’ ma a Hausnummer hin” einfach erhöht. Als er das bei seinem Chef hinterfragte, habe ihm dieser bescheiden, das sei “schon in Ordnung so”.

“Er hat gesagt, da gibt’s ein Budget über zwei, drei Monate, und das muss verbraucht werden”, erzählte der 44-jährige Mann. Im weiteren Verlauf hätten ihn einige Werkmeister immer wieder “angestiftet, die Regiescheine zu manipulieren”. Auf diesen wären beispielsweise Arbeiter angeführt gewesen, die in Wahrheit überhaupt nicht auf der entsprechenden Baustelle tätig geworden waren oder sich sogar im Krankenstand befunden hatten.

Ein KAV-Referatsleiter wiederum hätte vier schriftliche Anbote im Nachhinein “nachgebessert”, wobei die Lohn- und Materialkosten manipuliert wurden, berichtete der 44-Jährige.

Einen Monat nach seiner einvernehmlichen Kündigung hatte der Mann Selbstanzeige erstattet, weshalb er sich jetzt auch als Beteiligungstäter vor Gericht mitzuverantworten hat. Bis dahin habe er “aus Angst um meinen Arbeitsplatz” geschwiegen, erläuterte der Arbeiter: “Wenn man einen Haufen Schulden hat, muss man schauen, wie man die zahlen kann.”

Nach seinem Ausscheiden habe er jedoch befürchtet, “dass ich allein dasteh’, wenn das aufkommt, und mir alles in die Schuhe geschoben wird”, zumal ihn sein Chef als “kleinen Wurm” bezeichnet hätte. Ihm sei gar nichts anderes übrig geblieben, als zur Polizei zu gehen.

Den früheren Geschäftsführer der Schlosserei, der übrigens nach wie vor in der Firmen-Gruppe tätig ist, brachte diese Aussage gehörig ins Schwitzen. Er gab zu, Manipulationen durchgeführt, aber sich damit nicht persönlich bereichert zu haben. Dies sei insofern leicht möglich gewesen, als die Regiescheine erst bis zu zwei Monate nach getaner Arbeit abgerechnet wurden, was im Übrigen krass den Richtlinien widerspricht, an die sich die Wiener Linien und der KAV zu halten gehabt hätten. Diese besagen, dass die Scheine den Werkmeistern bzw. Referatsleitern täglich vorzulegen und von diesen abzuzeichnen sind.

548 gefälschte Regiescheine soll der Geschäftsführer eingereicht haben. “So viel war’s bei weitem nicht. Es waren vielleicht 20 bis 25 Prozent”, betonte der 45 Jahre alte Mann. Er habe “aus eigenem Antrieb” und “aus wirtschaftlichen Gründen, zugunsten der Firma” gehandelt. Persönlich profitiert habe er mit keinem Cent: “Ich hab’ nix davon gehabt.”

Fragen hinsichtlich der angeklagten Werkmeister und KAV-Bediensteten ließ er durch die Bank unbeantwortet. Ob diese eingeweiht waren? – “Dazu möchte ich nichts sagen.” Ob sie für ihr Entgegenkommen beschenkt wurden? – “Ich sage nichts dazu.” – Von wem die Machenschaften ausgingen? – “Ich mache von meinem Recht Gebrauch, nichts zu sagen”.

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