Grasser: Buwog-Privatisierung war "mustergültig"

An einem Nebenschauplatz in der Affäre um die Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog) wurden heute Dienstag im Landesgericht Wien tiefe Einblicke in die Vorgänge rund um den umstrittenen Buwog-Verkauf unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser gegeben. Grasser hat seinen ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Michael Ramprecht geklagt, weil er sich durch dessen Aussagen verleumdet sieht. Der eigentlich in Ramprechts Aussagen Genannte, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech, kündigte schriftlich an, sich der Zeugenaussage zu entschlagen.
Plech ist bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft rund um die Provisionszahlungen des siegreichen Buwog-Bieters Immofinanz an die Grasser-Vertrauten Peter Hochegger und Walter Meischberger beschuldigt. Grasser, gegen den in der Causa Buwog ebenfalls strafrechtlich ermittelt wird, zeigte sich dafür heute umso gesprächiger.
Ramprecht hatte dem Nachrichtenmagazin “profil” (Ausgabe vom 5. Oktober 2009) gesagt, dass der Verkauf des Buwog-Pakets ein abgekartetes Spiel gewesen sei. Schon 2002, also gut ein Jahr vor der Verkaufsausschreibung, sei festgestanden, wohin die Reise gehen würde, nämlich in Richtung Immofinanz. Das Verfahren zur Auswahl einer Investmentbank, die den Verkauf des Buwog-Pakets begleiten sollte, sei derart beeinflusst worden, dass Lehman Brothers den Auftrag erhielt. Der Immobilienmakler Plech habe ihm kurz vor der letzten Sitzung der Vergabekommission gesagt, der Minister (also Grasser, Anm.) wolle, dass Lehman den Zuschlag bekomme. Grasser widersprach heftig und klagte Ramprecht wegen “Übler Nachrede”.
Sehr gründlich und genau wurde dann von Richter Gerald Wagner der Beklagte Ramprecht zu den Vorgängen befragt: Plech habe ihm “zwei Minuten vor der Sitzung” der Vergabekommission über die Auswahl der Investmentbank, die den Buwog-Verkauf begleiten sollte, gesagt, statt der bisher vorne liegenden CA IB sollte Lehman Brothers gekürt werden. Plech sei ihm gegenüber das Sprachrohr von Grasser in der Buwog-Angelegenheit gewesen, und “wenn der Minister etwas sagt, dann nur einmal”, erklärte Ramprecht. Daraufhin habe er in der Kommission durchgesetzt, dass Lehman ausgewählt wurde, mit sechs zu drei Stimmen sei dies dann geschehen.
Plech habe ihm dann etwas später nach einem Tennismatch in Wien erklärt, dass hinter der ganzen Geschichte Grasser stehe. Ob er, Ramprecht, nicht überrissen habe, wohin die Reise gehe – dass nämlich die Immofinanz am Ende des Tages die Buwog bekommen solle. Daraufhin sei es zum großen Krach mit Plech gekommen, der am nächsten Tag seine (Ramprechts) Frau hinausgeschmissen habe, schilderte Ramprecht vor Gericht und wiederholte damit seine Vorwürfe.
Ex-Finanzminister und Privatankläger Karl-Heinz Grasser wurde heute in seiner Einvernahme durch Richter Wagner ebenfalls ausführlich zu den umstrittenen Vorgängen rund um die Buwog-Privatisierung befragt. Stets hätten die Vergabekommissionen entschieden, er selber habe nie Einfluss auf deren Entscheidungen ausgeübt, betonte Grasser und wies jeglichen Vorwurf einer Intervention zu Gunsten von Lehman Brothers oder zu Gunsten von Immofinanz entschieden zurück.
Warum zur Begleitung der Privatisierung letztlich eine US-Investmentbank gewonnen habe, wenn doch die Buwog im EU-Rahmen ausgeschrieben wurde, fragte der Richter. Grasser verwies auf die von ihm gewünschte Internationalisierung des Verfahrens, um einen höheren Preis zu erzielen. Die Vergabekommission habe Lehman Brothers zur Begleitung der Buwog-Privatisierung gekürt, nicht er, betonte der Ex-Minister.
Ramprechts Anwalt Michael Pilz hielt Grasser eine Aussage von Karl-Heinz Muhr, damals Investmentbanker bei Lehman Brothers, als Zeuge im Buwog-Strafverfahren vor. Demnach habe Grasser ihm kurz vor der Vergabeentscheidung gesagt, dass es für Lehman Brothers gut ausschaue. Daran könne er sich nicht erinnern, er könne es aber auch nicht ausschließen, so Grasser, der bei seiner Vernehmung mehrfach betonte, als Finanzminister habe er einfach wenig Zeit gehabt um sich um derartige Detailfragen zu kümmern. Vertraulichkeitsbestimmungen habe er nie verletzt. Über Muhr sei der Kontakt mit Lehman Brothers überhaupt zustande gekommen, sagte Grasser.
Der Termin der entscheidenden letzten Vergabekommissionssitzung für die begleitende Investmentbank wurde von Grassers Anwalt Rami angezweifelt. Er legte ein Protokoll vor, wonach die Sitzung schon am 6. September und nicht am 21. September 2002 stattgefunden haben soll. Am 6. September sei Plech nachweisbar woanders engagiert gewesen, daher hätte er bei Ramprecht auch gar nicht intervenieren können. Ramprecht blieb aber bei seinen Aussagen.
Grasser bestätigte, dass er nach wie vor ein Immobilien-Unternehmen gemeinsam mit Plech besitze. Er glaube dessen Angaben, die Beschuldigungen durch Meischberger, dass auch Plech bei den Immofinanz-Provisionen Geld erhalten habe, stören den Ex-Finanzminister offenbar nicht.
Nach rund zweieinhalbstündiger Verhandlung wurde das Verfahren schließlich auf den 13. April vertagt. Peter Hochegger, Walter Meischberger sowie andere Beteiligte werden als Zeugen geladen. Auch Plech muss persönlich vor Gericht kommen, seine schriftliche Entschlagung der Aussage genügt nicht.
Das Medieninteresse am heutigen Medienverfahren war groß. Anschließend versicherte Grasser den Journalisten, dass die ganze Buwog-Privatisierung “mustergültig” abgelaufen sei und dem Steuerzahler viel Geld gebracht habe. Er selber sieht sich durch Ramprechts “Vergleichsangebot” in seiner Unschuld bestätigt und werde sich jetzt wieder “ins Privatleben zurückziehen”, meinte er zum Abschluss.