Die Helfer an der US-Küste nutzten am Mittwoch den noch ruhigen Wellengang, um ihre Bemühungen zur Eindämmung des aus einer Tiefseebohrung strömenden Öls zu forcieren. “Die Winde helfen uns, aber am Donnerstag fangen sie an, weniger hilfreich zu werden”, sagte der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, in New Orleans. Der Ölkonzern BP wollte im Laufe des Tages eine gigantische Stahlglocke auf See schicken, die über das Bohrloch gestülpt werden soll, um es abzudichten. Der Einsatz der Konstruktion solle binnen sechs Tagen beginnen, teilte das Unternehmen mit.
Am Dienstag gelang es fast 200 Booten, mit Schwimmsperren das Öl vom Festland fernzuhalten. Ein Behördensprecher in Louisiana sagte, bisher lägen keine Meldungen über angeschwemmtes Öl vor. In der Nähe der Chandeleur-Inseln unweit des Mississippi-Deltas wurde dagegen ein erster Ölteppich entdeckt, wie die Umweltbehörden meldeten.
Das Öl strömt seit einer Explosion auf einer BP-Bohrinsel am 20. April ins Meer und hat sich Schätzungen zufolge schon auf einer Fläche von rund 210 mal 110 Kilometern ausgebreitet. Die Katastrophe könnte sich als folgenschwerer erweisen als die Havarie des Öltankers “Exxon Valdez” in Alaska 1989: Sie bedroht die Tier- und Pflanzenwelt der US-Golfküste; potenziell betroffen sind neben Louisiana auch die Bundesstaaten Mississippi, Alabama und Florida. Wird der Ölteppich von einem wichtigen Meeresstrom im Golf erfasst, könnte er gar bis vor die Küste North Carolinas getragen werden, warnte der Ozeanograph Robert Weisberg von der University of South Florida.
Gestoppt werden dürfte der Ölstrom aus drei lecken Stellen der Bohrung in 1.500 Metern Tiefe erst in Wochen oder Monaten. Kurzfristig richteten sich die größten Hoffnungen aber auf die rund 100 Tonnen schwere Glocke aus Stahl, die in Port Fourchon in Louisiana eilig zusammengebaut wurde. Die rund zwölf Meter hohe und vier Meter breite Konstruktion soll über das größte Loch gestülpt werden. Eine eingebaute Steigleitung soll das Öl absaugen und in einen Tanker an der Oberfläche befördern.
Dieses System hatte sich bei Sturmschäden nach dem Hurrikan Katrina bewährt – allerdings in weit geringeren Wassertiefen. Die Glocke wird nach Expertenschätzungen auch nur 85 Prozent des Öls aufnehmen können. Parallel soll in der Nähe des Lochs eine Entlastungsbohrung den Druck an der Quelle vermindern. Ihre Fertigstellung dürfte aber zwei bis drei Monate dauern.
BP-Aktien erholten sich am Dienstag um 0,6 Prozent, nachdem fast zweiwöchige Verluste den Börsenwert des Konzerns um mehr als 32 Milliarden Dollar verringert hatten.
US-Innenminister Ken Salazar kündigte sich für Mittwoch in Naturschutzgebieten in Alabama und Louisiana an. Die US-Regierung ist bemüht, sich entschlossen zur Bekämpfung der Ölpest zu zeigen und Druck auf BP aufrecht zu erhalten. Die Umweltkatastrophe hat US-Präsident Barack Obama in Zugzwang gebracht, in Aussicht gestellte erweiterte Bohrgenehmigungen auf hoher See in anderen Regionen zu stoppen. Damit würde aber seine Klimapolitik infrage gestellt, für die er mit dem Zugeständnis die Unterstützung der Republikaner im Kongress gewinnen wollte.
Die demokratische Senatorin Mary Landrieu aus Louisiana wies Forderungen nach einem Ende der Bohrungen zurück. Die Kritiker lägen völlig falsch, sagte sie dem Fernsehsender CNN. Ein Bohrungsstopp helfe weder der Umwelt noch dem Arbeitsmarkt oder den Bemühungen um mehr Unabhängigkeit in der Energieversorgung.