Obwohl bei den Bezirksvertretungswahlen 2005 die Grünen rund 6,6 Prozent hinter der SPÖ lagen, zeigte sich die grüne Hoffnungsträgerin am Donnerstag äußerst optimistisch. Immerhin habe ihre Partei bei den EU- und Nationalratswahlen in Mariahilf das stärkste Ergebnis einfahren können. In der Bezirksgruppe kommt die Entscheidung indes nicht ausschließlich gut an.
Ihre Mannschaft für die kommende Legislaturperiode haben die Grünen – was das Stadtparlament anbelangt – bereits vor Monaten in Stellung gebracht. Jerusalem war bei der entsprechenden Listenwahl nicht mehr angetreten, “weil ich 19 Jahre im Gemeinderat war und was Neues machen wollte”, wie sie der APA heute sagte. Damals sei die Option der Bezirkschefin aber noch nicht klar gewesen. Klubobfrau Maria Vassilakou habe sie diesbezüglich kontaktiert. 2005 erreichten die Grünen auf Bezirksebene 29 Prozent, die Sozialdemokraten 35,6 Prozent.
“Mariahilf ist faktisch ein Schlüsselbezirk für uns”, so Jerusalem. Ziel sei es, neben dem schon “eroberten” 7. und 8. Bezirk auch die Wieden, Mariahilf und den Alsergrund zu gewinnen, um ein “grünes Kipferl” daraus zu machen. Einsetzen will sich die Mandatarin für die Schaffung von mehr Grünraum sowie den “ernsthaften Versuch einer Verkehrsberuhigung”, wobei die Maßnahmen stets mit Anrainerbefragungen einhergehen würden. Um zu zeigen, wie ernst ihr die Sache ist, wechselt Jerusalem gar ihren Hauptwohnsitz nach Mariahilf. Das gehöre dazu: “Es ist kein Muss, aber ein Signal, dass man sich mit dem Bezirk verbunden fühlt.”
Uneingeschränkte Begeisterung dürfte die Entscheidung in der traditionell dem Fundiflügel zugerechneten Bezirksgruppe allerdings nicht hervorgerufen haben. Richard Weihs, Mariahilfer Grünen-Mandatar, ätzte über den “bemerkenswerten Akt der Selbstverstümmelung” und sprach in einer Aussendung von einem “tiefen Schnitt ins eigene Fleisch”: “Um die künftige Ex-Gemeinderätin Susanne Jerusalem gegen die Mehrheit der Bezirksgruppe durchzuboxen, wurden sämtliche Register formaldemokratischer Manipulation gezogen”, übte Weihs in einer Aussendung scharfe Kritik an der Landespartei. Den grünen Idealen und Grundwerten sei – ob “dieser Art von oberflächlichem Opportunismus” – jedenfalls nachhaltiger Schaden zugefügt worden.
Weniger überraschend hingegen die Ablehnung auf SPÖ-Seite, die der grünen Konkurrenz mangelnde Mariahilfer Kompetenz vorwarf. “Im Gemeinderat hat Frau Jerusalem bisher keine spezielle Hinneigung zu Mariahilf erkennen lassen”, beschied SP-Gemeinderat Peko Baxant. SP-Bezirksvorsteherin Renate Kaufmann sei hingegen bereits seit zehn Jahren im Amt. Sie blicke mit ihren Initiativen immer über den Tellerrand hinaus, fördere die Bezirksbegrünung ebenso wie die Gumpendorfer Straße oder den Fahrradverkehr. Es sei fraglich, ob Jerusalem dieser engagierten Arbeit etwas entgegenzusetzen habe.