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Versenkbare Poller sorgten für Nervenkitzel in der Salzburg Altstadt

Salzburg-Stadt - "Die Pferde scheuen noch ein bisschen - aber sie werden sich schon gewöhnen." Fiakerfahrer Franz Wörister reagierte trotz der tierischen Anspannung am Montag gelassen auf die Inbetriebnahme der Poller in der Salzburger Altstadt.
Auch unter den Autofahrern machte sich Nervosität breit, ob denn der 80 Zentimeter hohe Nirosta-Zylinder tatsächlich auf Knopfdruck in den Boden surrt. Magistratsmitarbeiter hatten alle Hände voll zu tun, um den Lieferanten und Anrainern bei der Steuerung der Fernbedienung zu helfen. Dass durch dieses “Abwehrsystem” in Zukunft weniger Autos in die Fußgängerzone einfahren, darüber herrschte geteilte Meinung.

Einem Fiakerfahrer stiegen um 11.45 Uhr vor dem versenkbaren Poller in der Franziskanergasse die Schweißperlen auf die Stirn. Die Fernbedienung wollte nicht so funktionieren, wie er es bei der Nachschulung vergangenen Mittwoch gelernt hat. “Du musst fünf Meter ran und noch länger den Einser drücken, dann geht er runter”, erklärte ihm ein pensionierter Kollege. Als endlich das rote Licht blinkte und sich der Zylinder piepsend in Bewegung setzte, folgte die nächste Stresssituation. Die Vierbeiner spitzten die Ohren, spannten ihre Körper an und zögerten. Ein Pferd ging einen Schritt rückwärts. “Der will nicht mehr drüber”, rief der Kutscher verzweifelt. Doch mit anfeuernden Zurufen nahm er die “Hürde” im schnellen Trab doch noch erfolgreich. Da der Poller sicherheitshalber erst eine Minute nach der Überfahrt der Fiaker in die Höhe fährt, soll ihn der Kutscher mit einem zweiten Knopfdruck hochfahren lassen. Sonst könnte ein “illegaler” Autofahrer mitentwischen.

“Vierzehn Tage noch, dann hat sich das eingespielt”, kommentierte ein Passant das Schauspiel. Die Poller erzeugten nicht nur bei den Fiakern ein mulmiges Gefühl. Autofahrer mit Ausnahmegenehmigungen näherten sich dem “Bollwerk” mit skeptischem Blick. Viele ließen sich von den Magistratsmitarbeitern, die noch die ganze Woche bis 13.00 Uhr als Helfer positioniert sind, die Funktion der Fernbedienung erklären. “Zwei Sekunden lang drücken”, ist schon zum Standardsatz für den Beamten in der Kaigasse geworden.

Während eine Anrainerin im Porsche erleichtert lächelnd passieren konnte, war für drei Oldtimer-Chauffeure Endstation. Sie hätten sich “verfahren”, gaben sie an. Ein Oberösterreicher versuchte noch mit seinem Pkw in die Pfeifergasse zu flüchten, doch ein “fixer” Poller versperrte ihm dort den Weg. Auch er war zur Umkehr gezwungen. “Das wird noch ein Chaos geben”, runzelte ein Fußgänger die Stirn. “Wenn du dich mit dem Auto dicht an das vordere dran hängst, dann kommst ohnehin durch”, animierte er zum “Schwarzfahren”. Einige Autofahrer steuerten die falschen Poller an und sorgten für kurze Staus. Denn mit der Fernbedienung können nur bestimmte Poller versenkt werden. Wer nicht mehr raus kommt – das betrifft auch Lieferanten, die länger als bis 11.00 Uhr in der “Fuzo” sind, muss sich auf der Polizeiinspektion Rathaus einen Code abholen. “Und Strafe zahlen”, konstatierte der Beamte trocken.

Ob die 14 versenkbaren und 22 fixierten Poller tatsächlich weniger Autoverkehr bewirken, darüber waren die Meinungen geteilt. “Bei knapp 3.000 Ausnahmegenehmigungen glaub ich das nicht”, sagte ein Pensionist. Erwin Dürnberger (75), Bewohner in der Kaigasse, hofft auf eine Verbesserung. Er kritisierte aber, dass seine gehbehinderte Frau, die im Rollstuhl sitzt, nicht mehr von der Tochter mit dem Auto zum Arzt gebracht werden kann. “Der Behindertenschlüssel sperrt nur bei dem Poller am Mozartplatz. Gegen die Einbahn kann man ja nicht in die Kaigasse fahren”.

Einige Geschäfte zeigten sich gar nicht erfreut über das Poller-System. “Für uns wird es immer schlechter. Kunden können nicht mehr zufahren. Zu den großen Einkaufsmärkten am Stadtrand wird der O-Bus verlängert. Uns Kleinen lassen die Politiker im Stich”, hieß es aus der Parfümerie Pitter in der Dreifaltigkeitsgasse, wo wenige Meter davor ein Poller installiert wurde. Anrainer der nahe gelegenen, “Poller-losen” Bergstraße befürchten, dass die Straße zum Schleichweg in die Linzergasse verkommt. “Wenn es große Probleme gibt, kann man noch nachbessern”, beruhigte Planungsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste).

(Von Vera Reiter/APA)
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