Als wir Katharina Straßer zum Interview treffen, wirkt sie noch ein wenig abgehetzt. Sie hat viele Termine derzeit. Und soeben stand sie noch auf der Bühne des Wiener Volkstheaters, um für Tennessee Williams’ Tragödie “Baby Doll” zu proben. Am 10. September ist Premiere.
Und selbstverständlich spielt Straßer das kindlich-naive Mädchen, das ein Drama auslöst. Rollen, die etwas Extremes haben, reizen sie. Dass sie diese auch mit Furore spielen kann, hat sie schon als Lola in “Der blaue Engel” oder als Julie in “Liliom” bewiesen. “Ich bin nicht immer nur ein Kasperl”, sagt sie – nun, im Schanigarten des Wirtshauses “Vom Feinsten”, zur Ruhe gekommen – und erzählt über ihr Seelenleben.
Seitenblicke: Baby Doll steht zwischen ihrem langweiligen Ehemann Archie und dem anziehenden Italiener Silva. Könnte er der Mann sein, der Baby Dolls Träume erfüllt?
Katharina Strasser: Nur teilweise – weil er ihr etwas anderes, Neues bietet. Aber das Entscheidende ist, dass zwischen Baby Doll und Silva eine irrsinnige Energie entsteht. Da gibt es einen Mann, der Dinge in dir hervorholt, von denen du nicht gewusst hast, dass du dazu fähig bist, der dich zu Aussagen und Handlungen bringt, die du eigentlich nicht von dir kennst.
Haben Sie das selbst auch schon erlebt?
Ja, ich hatte einen Freund, mit dem ich ganz starke Energien entwickelt habe. Das war aber derart heftig, dass es nicht mehr gesund war. Wir haben uns dann auch getrennt. Ich habe es nicht ausgehalten, dass wir uns gegenseitig zu Höchstleistungen getrieben haben – zu positiven wie auch negativen. Besonders bei den negativen dachte ich: Das bin ja nicht mehr ich selbst, so will ich nicht sein. So einen Zustand finde ich gefährlich.
Da hilft nur mehr Flucht?
Ja, weil man an diesem Zustand zerbrechen kann. Extreme Leidenschaft ist natürlich irrsinnig geil, auf Dauer fehlt mir allerdings die Energie, um den Alltag durchzustehen. Ich bin ja selbst so zappelig. Und wenn dann zwei Energiewelten aufeinanderprallen, geht das nicht gut.
In den vergangenen zwei Jahren haben Sie ununterbrochen gearbeitet. Wie übersteht man das unbeschadet?
Unbeschadet? Das weiß ich nicht! (Lacht.) Ich meine, nach einer Vorstellung setzt man sich noch mit den Kollegen zusammen, trinkt noch was, um herunterzukommen. Solche Sachen. Es gibt nichts Ernüchternderes, als allein in der U-Bahn nach Hause zu fahren. Eben hast du noch vor tausend Leuten gespielt, und dann bist du allein – das ist so ungefähr das Schlimmste. Man fühlt sich dann so einsam. Das ist wahrscheinlich auch ein Grund, warum so viele Schauspieler, vor allem Theaterschauspieler, Alkoholiker werden. Man trinkt, um diesen Tiefs zu entkommen. Was mich davor immer bewahrt hat, ist eine Partnerschaft wie jetzt mit meinem Freund Till.
Ist er Ihr Rettungsanker?
Ich finde schon – sehr. Wir sind jetzt mehr als drei Jahre zusammen, was auch für mich lang ist. Aber es ist einfach wunderbar. Manchmal habe ich Phasen, da bin ich so irrsinnig verliebt in ihn – so wie jetzt gerade. Manchmal geht er mir auch tierisch auf die Nerven. (Lacht.) Aber im Moment ist alles schon sehr gut für mich so, wie?s ist. Wir haben sehr viel Spaß miteinander, lachen und blödeln viel.
Sie spielen gerne extreme Frauenfiguren. Das braucht viel emotionales Einfühlungsvermögen – woher nehmen Sie das?
Immer aus mir selbst, ich bin keine Schauspielerin, die eine totale Maske aufsetzt. Ich glaube, dass vieles in einem selbst steckt. Das ist für mich auch ein Grund, weshalb ich Schauspielerin geworden bin – um all diese Gefühle und Triebe, die irgendwo tief drin verborgen sind, herauszuholen. Daher gelingen mir auch manche Figuren besser, manche weniger gut. Als ich letztes Jahr die Julie in “Liliom” gespielt habe, war ich ganz ruhig. Mir haben dann viele Freunde gesagt, dass sie mich so ruhig gar nicht kennen. Aber ich bin nicht immer der Kasperl, ganz tief im Innersten kann ich eben auch still sein. Das heißt jedoch nicht, dass ich immer mich selbst spiele, ich krame eben nur Teile aus mir hervor.
Das gesamte Interview mit Katharina Straßer lesen Sie im Seitenblicke Magazin 35/10
(Andrea Pascher/foto: Alice Luschin)