Ein ungewohnt medienscheuer Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) ist heute Donnerstag im Bundeskriminalamt (BK) in Wien neun Stunden lang von Staatsanwälten und Ermittlern erstmals zu den Vorwürfen gegen ihn in der Causa Buwog befragt worden. Nächsten Mittwoch wird die Befragung fortgesetzt, auch ein dritter Termin sei nicht ausgeschlossen, erläuterten Grassers Rechtsanwalt Manfred Ainedter und der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Vecsey. Grasser selber ließ sich heute vor den Medien gar nicht nicht blicken – obwohl er vor der Befragung in Interviews mitgeteilt hatte, er freue sich auf die Einvernahme, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften.
Grasser sei nach der neunstündigen Befragung “zu erschöpft und geschlaucht”, um sich den Fragen zu stellen, meinte Grassers Anwalt vor Journalisten nach der Einvernahme. Der Ex-Minister hatte das Bundeskriminalamt offenbar durch einen Nebeneingang bereits verlassen, die stundenlang vor dem Haupteingang wartenden Fotografen und Journalisten hatten das Nachsehen.
Schon in der Früh hatte die kurzfristige Verlegung der Befragung vom Landesgericht Wien ins Bundeskriminalamt bewirkt, dass sich Grasser vor der Befragung den am Gericht wartenden Medienvertretern nicht stellen musste. Der Ortswechsel sei gestern Abend entschieden worden, weil die Räumlichkeiten im Gericht nicht gegeben seien und die Einvernahme im Bundeskriminalamt ungestört vor sich gehen konnte, erläuterte Vecsey. Die Verlegung war auf Wunsch der Staatsanwaltschaft erfolgt. Das Ermittlungsverfahren sei nicht öffentlich.
Grasser wurde heute fast neun Stunden (9 bis knapp vor 18 Uhr) von zwei Staatsanwälten und sieben Ermittlern der Sonderkommission Buwog befragt. Wie der Anwalt vor Journalisten erläuterte, ging es bei der Befragung um die Buwog-Privatisierung, die Hypo-Genussschein-Beteiligung, Grassers beruflichen Werdegang, die Aussagen der ebenfalls Beschuldigten Walter Meischberger und Peter Hochegger sowie Ernst Karl Plech und Grassers Firmen. Die Geldflüsse des Glücksspielkonzerns Novomatic standen laut Anwalt heute nicht auf der Fragenliste. Auf die Frage, ob Grasser in U-Haft genommen werden könnte, meinte sein Anwalt, das halte er zwar für unwahrscheinlich, da Grasser alle Vorwürfe entkräften werden könne, aber ausschließen könne man gar nichts. Bei der nächsten Befragung werde Grasser Verträge und Akten vorlegen.
Vor rund einem Jahr, im September 2009, waren erstmals Berichte über die 9,61 Mio. Euro-Provision der in der Buwog-Privatisierung siegreichen Immofinanz in den Medien aufgetaucht. Nun, ein Jahr später, wird Grasser, zur Zeit der Privatisierung 2004 Finanzminister, erstmals von der Justiz dazu befragt. Grassers Freunde und Geschäftspartner Hochegger und Meischberger hatten die Provision von der Immofinanz schwarz erhalten, nachdem diese das Bieterverfahren knapp gewonnen hatte. Den Verdacht, dass die entscheidende Information von Grasser gekommen sein soll, hat dieser stets entschieden zurückgewiesen. Die Privatisierung sei sauber und transparent abgelaufen, hatte er immer betont. Gegen Grasser wird wegen des Verdachts auf Untreue, Amtsmissbrauch und Bruch der Amtsverschwiegenheit ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung.