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Chile: Einer der Kumpel bricht das Schweigen

Während sieben der 33 in Chile geretteten Bergleute die Medien zu Zurückhaltung und Respekt für ihre Privatsphäre aufgerufen haben, hat der 26-Jährigen Richard Villarroel erstmals das Schweigen gebrochen und Unfassbares über die schiere Angst weit unten in der Tiefe in Worte zu packen versucht.
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Bergmann Juan Illanes hat Gerüchte bestätigt, dass die Kumpel in der Tiefe einen Schweigepakt geschlossen haben und sie ein Buch über die Erfahrungen und Ereignisse während der 70 Tage in der Kohle- und Goldgrube schreiben wollten. Schon ihr Psychologe Alberto Iturra hatte von einem Schweigepakt berichtet. “Es gibt die Vereinbarung, nichts über andere zu erzählen. Ich finde es bewundernswert, wie sich die Kumpel bisher geäußert haben. Sie haben genau das gesagt, was sie wollten und nicht mehr”, sagte Iturra.

“Wir haben auf den Tod gewartet” – Richard Villarroel bricht das Schweigen

Zumindest einer der Kumpel hat trotz des Schweigepakts schon in einem Interview einen Einblick in die ersten beiden Wochen der schieren Angst gegeben – jene Zeit, als die Männer nicht wussten, ob Rettung kommen würde. “Wir haben auf den Tod gewartet. Wir verkümmerten. Wir waren so dünn”, sagte Richard Villarroel der “Washington Post”. Er selbst habe in dieser Zeit 26 Pfund verloren. “Ich hatte Angst, mein Baby nicht mehr kennenzulernen, das war das, worauf ich am meisten gewartet habe.”

Nach den Schilderungen des 26-Jährigen war das Schreckgespenst des Verhungerns in den ersten Tagen allgegenwärtig. Einige der Kumpel seien so sicher gewesen, dass sie bald sterben würden, dass sie in ihre Schlafstätten gekrochen seien und nicht mehr aufstehen wollten. “Wir wurden aufgegessen”, sagte Villarroel mit Blick auf den immer schwereren Gewichtsverlust. “Wir wurden dünner und dünner…”

Kumpel bitten um Respekt vor Privatsphäre

Sie alle seien überrascht vom riesigen Interesse an ihnen und ihren Geschichten, sagte der Bergmann Juan Illanes am Samstag (Ortszeit) vor Journalisten. Zugleich forderte er die Presse auf, vor allem mehr Rücksicht auf den Geretteten Johnny Barrios zu nehmen. Er hatte das Medieninteresse in besonders starkem Maße auf sich gezogen, nachdem sich seine Frau und seine Geliebte öffentlich gestritten hatten. An die Adresse der Journalisten sagte Illanes: “Es wäre sehr gut von ihnen, wenn sie nicht so ein Spektakel um ihn machen würden.”

Auch Iturra rief zur Rücksichtnahme auf die Bergleute und ihre Familien auf: “Lasst sie in Ruhe. Sie müssen jetzt allein sein.” Die Kumpel seien jetzt einem größeren Stress ausgesetzt als zuvor in der Tiefe der Mine. “Hinsichtlich der Verteilung möglicher Einnahmen gibt es meines Wissens nach aber zumindest keine rechtlich bindende Abmachung zwischen den Männern. Aber wenn sie mit ihrer Geschichte auch Geld machen wollen, finde ich das nicht schlimm”, sagte Iturra.

Die Männer waren in einer aufsehenerregenden Aktion am Mittwoch durch einen Rettungsschacht in einer Stahlkapsel einer nach dem anderen an die Oberfläche gezogen worden. Inzwischen sind sie nach eingehender Untersuchung im Krankenhaus der Stadt Copiapo alle bis auf einen wieder zu Hause. Der letzte von ihnen, Víctor Zamora, solle am Dienstag entlassen werden. Keiner der 33 Männer hatte ernsthaftere Verletzungen oder Leiden davon getragen.

Die Kumpel waren am 5. August beim Einsturz eines Stollens in mehr als 600 Meter Tiefe verschüttet worden. Am 22. konnten sie durch eine bei der Suche nach ihnen gebohrte Röhre eine erste Lebensbotschaft an die Oberfläche schicken.

Die Geretteten lehnten es ab, bereits an diesem Sonntag an einem Dankgottesdienst bei der Mine teilzunehmen. Sie wollten zunächst zu Hause bleiben, hieße es. Allerdings sind sie wohl auch schon wieder in der Wirklichkeit angekommen. So habe ihn einer der Geretteten angerufen, erzählte Iturra: Er könne seinen Personalausweis nicht mehr finden, was er denn jetzt machen solle. “Ich habe ihn beruhigt: Du kannst bis Montag sowieso keine Behördengänge machen und dann besorgen wir Dir ein Ersatzpapier”, sagte Iturra.

Die spektakuläre Rettungsaktion hatte fast 2.000 Medienmitarbeiter aus aller Welt zum Bergwerk in der Atacama-Wüste gelockt. Einige versuchten anschließend, Interviews mit den Geretteten sowie Mitgliedern der teilweise sehr großen Familien zu vereinbaren. Dabei forderten einige der Angehörigen Geld, während auch Medien größere Beträge angeboten haben sollen.

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