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Massenproteste in Frankreich - Schule abgebrannt

Der Benzinmangel an den Tankstellen und die teils gewaltsamen Schülerproteste haben am Dienstag den neuen landesweiten Streik- und Protesttag gegen die Pensionsreform in Frankreich beherrscht. Beschäftigte blockierten erneut Treibstoff-Depots und Raffinerien, um den Druck auf die konservative Regierung zu erhöhen.

In Paris, wo Jugendliche bei Krawallen wieder mit der Bereitschaftspolizei aneinandergerieten, wurde ein Mädchen unter noch ungeklärten Umständen bei einem Brand verletzt. Angesichts der gewaltsamen Ausschreitungen bei den Pensionsprotesten in Frankreich haben die Gewerkschaften die Demonstranten zur “Friedfertigkeit” aufgerufen.

Insgesamt waren inzwischen 2.500 der 12.500 Tankstellen des Landes von der Benzin- und Dieselknappheit betroffen; die zwölf Raffinerien des Landes waren weiter lahmgelegt. Bestreikt wurden erneut auch der Fern- und Nahverkehr, die Luftfahrt sowie Schulen, Universitäten, die Post und zahlreiche Unternehmen. Frankreich hatte beschlossen, auf die für 30 Tage angelegten, strategischen Reserven in den Treibstoff-Depots der Industrie zurückzugreifen. Die für 60 Tage reichenden strategischen Reserven unter staatlicher Kontrolle wurden noch nicht angezapft. Vor vielen Tankstellen hatten sich zuletzt lange Schlangen gebildet.

Schüler- und diesmal auch Studentenvertretungen riefen zu einer Teilnahme an den Protesten auf. In Nanterre bei Paris kam es am Morgen vor einer Schule erneut zu Ausschreitungen, nachdem dort am Montag mehrere Autos angezündet worden waren und die Polizei Tränengas eingesetzt hatte. In Paris wurde ein 15-jähriges Mädchen verletzt, als ein Motorroller durch einen Brand explodierte. Justizministerin Michele Alliot-Marie sagte dem Sender Europe 1, gegen “Randalierer” werde mit “Härte” vorgegangen.

In der Stadt Le Mans brannte am Dienstag eine Schule ab, die zuvor blockiert worden war. Der Bürgermeister vermutete einen kriminellen Hintergrund, nachdem Ermittler Reste von Brandsätzen gefunden hatten. Unklar ist aber noch, ob das Feuer im Zusammenhang mit den Protesten stand.

Laut Erziehungsministerium waren am Dienstagmorgen 379 Schulen von Aktionen betroffen und damit deutlich mehr als bisher. In Paris blockierten etwa 200 bis 300 Schüler teilweise den Platz der Republik. Auch drei Universitäten in Bordeaux, Pau und Rennes waren völlig blockiert, andere teilweise.

Der Nahverkehr in zahlreichen Städten war ebenfalls lahmgelegt, in Paris lief der U-Bahn- und Bus-Verkehr aber weitgehend normal. Viele Flüge mussten gestrichen werden; am Pariser Flughafen Orly sollte die Hälfte aller Flüge ausfallen, am Hauptstadt-Flughafen Charles de Gaulle etwa 30 Prozent. Auch die Lkw-Fahrer beteiligten sich weiter an den Protestaktionen mit ihren Operationen “Schnecke”, mit denen sie Autobahnen bei Straßburg und Marseille blockierten. Bei der Staatsbahn SNCF wurde damit gerechnet, dass nur einer von zwei TGV-Hochgeschwindigkeitszügen rollen würde.

Zum sechsten nationalen Streik- und Protesttag seit der Sommerpause erwarteten die Gewerkschaften ähnlich viele Teilnehmer wie beim bisherigen Höhepunkt der Aktionen am 12. Oktober, als nach ihren Angaben bis zu 3,5 Millionen Menschen auf die Straße gegangen waren. Die Regierung hatte von 1,23 Millionen Teilnehmern gesprochen.

Der Generalsekretär der einflussreichen Gewerkschaft CFDT, Francois Chereque, sagte unmittelbar vor einer Großkundgebung am Dienstag in Paris, die Demonstranten sollten sich nicht durch “Provokationen” aufstacheln lassen. Er verwies dabei auf Aktionen durch “Gruppen von Provokateuren und die Polizei”. Nach Angaben des Innenministeriums wurden seit einer Woche 1158 “Randalierer” in Polizeigewahrsam genommen, davon allein 163 am Dienstag bis Mittag.

Premierminister Francois Fillon sprach von einer Radikalisierung der Proteste. Vor Abgeordneten der Regierungspartei UMP sagte er am Dienstag, dass der Bewegung “langsam die Luft ausgeht”. Keinesfalls würden am Dienstag mehr als eine Million Menschen demonstrieren. Gleichzeitig würden die Proteste aber “radikaler”.

Die Pensionsreform, die eine Erhöhung des Pensionseintrittsalters von 60 auf 62 Jahre vorsieht, wird noch diese Woche im Senat beraten. Das abschließende Votum dürfte frühestens Donnerstagabend stattfinden. Weitere Beeinträchtigungen sind bereits in Sicht: Die Gewerkschaft CGT plant für Mittwoch einen landesweiten Streik des Flughafenpersonals.

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