“Ich bin heute hier, um mich vor den Opfern zu verbeugen und ich möchte ihnen Ehre erweisen”, sagte Tadic. “Ich bin hier, mich vor den Opfern verbeugend, um noch einmal die Worte der Entschuldigung auszusprechen, mein Bedauern auszudrücken und eine neue Möglichkeit für Serbien und Kroatien zu schaffen, eine neue Seite in der Geschichte aufzuschlagen.”
Vukovar gilt als Symbol des kroatischen Freiheitswillens. Von wochenlangem Granatenbeschluss völlig zerstört, wurde die Grenzstadt am 18. November 1991 von jugoslawischen Truppen eingenommen. Etwa 200 Menschen wurden aus dem Krankenhaus von Vukovar auf das Landgut Ovcara gebracht, wo sie wenige Tage später von serbischen Streitkräften umgebracht wurden. Der Name Ovcara steht somit für eines der schwersten Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
“Wir sind gekommen, um zu beweisen, dass eine andere Politik möglich ist, eine Politik des Friedens”, betonte der kroatische Präsident Ivo Josipovic nach der Kranzniederlegung und Entschuldigung seines serbischen Amtskollegen. Kein Verbrechen solle ungesühnt bleiben, sagte der sozialdemokratische Politiker.
“Versöhnung bedeutet Verständnis für die Leiden des Anderen”, sagte Josipovic gegenüber Journalisten, bevor er mit Tadic in den Ort Paulin Dvor aufbrach, wo kroatische Truppen als Vergeltungsaktion für Ovcara im Dezember 1991 ein Massaker an Serben begingen. 19 Menschen starben damals. Josipovic sagte, dass die serbischen Verbrechen in Ovcara nicht auf die selbe Stufe mit Paulin Dvor gestellt würden. “Vukovar ist unser Symbol, unser Heiligtum, und ich bin überzeugt, dass es auch für die Serben, die in Vukovar leben, ein Heiligtum ist.”
Der Besuch des serbischen Präsidenten verlief nicht nur harmonisch. Die Partei des Rechts (HSP) organisierte eine stille Protestaktion bei Ovcara. Sie ortete eine Relativierung des Massakers auf dem Landgut. Auch forderte sie, dass Tadic zunächst die Kriegsschuld der Serben anerkennen müsse. Die wenigen Protestierenden empfingen Tadic mit Transparenten mit Aufschriften wie etwa: “Sie sind nicht willkommen.”
Der serbische Präsident bezog klar gegen eine Aufrechnung von Kriegsverbrechen Stellung. “Alle, die die Opfer und die Verbrechen vergleichen, machen einen Fehler. Wir machen hier keine mathematischen Gleichungen, sondern versuchen ein ethnisches Gleichgewicht in unseren Beziehungen zu schaffen”, sagte Tadic. Wenn man zu zählen begänne, würde es nie zur Versöhnung kommen, betonte er.
Josipovic nannte die kroatischen Kriegsverbrechen eine “Schande, die sich nicht abwaschen lässt”. Er bezeichnete auch die ungelöste Frage nach den Verschollenen im Krieg als eine der “schmerzhaftesten Fragen” im Verhältnis der beiden Länder. Josipovic, Tadic und die kroatische Ministerpräsidentin Jadranka Kosor waren mit Vertretern von Verbänden von Kriegsopfern, Angehörigen von Verschollenen und Vermissten, Familien von Entführten und Inhaftierten, den “Müttern von Vukovar” und anderen Vertretern zusammengetroffen. Josipovic sagte, er erwarte, dass Serbien und Kroatien die Suche nach Vermissten intensivieren.