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"Wald-Erichs" Abschied von dieser Welt

(VN) Lochau - Tod eines Einsiedlers. Erich Lechner, 67, starb, wo er gelebt hatte – im Wald. Viele vermissen ihn.

So etwa muss das Knusperhäuschen in „Hänsel und Gretel“ ausgesehen haben. Harmonisch in den Wald gesetzt. Mehr oder weniger alles aus Holz. Terrassenförmig angelegte Siedlung mit Feuerstelle, Ruheplateau samt Stuhl, ein wettergeschützter Ort mit gestapelten Holzpflöcken. Überall niedliche Gegenstände, ein Leuchtturm, ein Zwerg, Blumentöpfe. Das Reich von Erich Lechner, dem Einsiedler von Lochau. 67-jährig starb Erich vergangenen Sonntag. Man fand ihn tot in seiner Behausung. Erich hinterlässt vor allem seine Jenny, eine 14-jährige Jagdhund-Mischlingsdame. Er hinterlässt aber auch viele Menschen, die ihn mochten.

Nie lästig

Der 50-jährige Thomas Amann von der Wellenau-Siedlung unten im Dorf ist einer von diesen. „Ich war noch oben an jenem Sonntag. Brachte ihm zwei Bier und einen Topf voll Spaghetti. Gesehen habe ich ihn nicht. Aber das war nichts Ungewöhnliches. Erich war viel in der Stadt, oder in Lochau.“ Erst als Jenny im Dorf unten herumstreunte, wussten alle, die Erich kannten: da stimmt etwas nicht. „Weil der Hund Erich nie von der Seite wich“, erklärt Thomas Amann. Jenny lebt vorübergehend bei ihm. „Aber ich kann sie nicht behalten“. Viele mochten Erich Lechner. Warum? „Weil er ein immer fröhlicher Geselle war. Er hat nie jemanden belästigt. Er hat genommen, was er gekriegt hat und hieß Besucher in seiner Behausung willkommen.

Kreisky-Imitator

Amanns Schilderung über den gebürtigen Steirers, der vor 20 Jahren beschloss, auszusteigen und im Wald zu leben, ist berührend. „Ich hab ihn an eiskalten Winternächten öfters eingeladen, bei mir in der Wohnung zu übernachten. Einmal hat er dieses Angebot angenommen. Er ist nie jemandem zur Last gefallen.“ Thomas Amann lässt seinen Blick ein letztes Mal durch Erichs noch intakte Welt schweifen. Er zeigt auf ein Gesteinskonstrukt in einer der beiden kleinen Behausungen und sagt: „Das war sein Ofen. Hinten ist er dann gelegen.“ In der anderen Hütte hatte er sein Gästehaus. Thomas Amann lächelt, während er das sagt. Sein Gesichtsausdruck verrät, dass er irgendwie stolz auf diesen wild aussehenden Kerl mit dem zotteligen Haar und dem Rübezahlbart ist. „Erich hat viel gelacht, war ein toller Unterhalter. Vor allem den früheren Bundeskanzler Kreisky konnte er gut nachmachen. Mein Gott“.

Wer nimmt Jenny?

Der Abschied von Erichs Waldhaus fällt schwer. Schweigsam marschiert Thomas Amann durch unwirtliches Gelände zurück Richtung Neue Schanze. Auf dem Wanderweg knapp vor der Siedlung begegnet ihm Hertha Häfliger. „Was, Erich ist tot. Das gibt’s doch nicht.“ Die 66-jährige Frau will gar nicht mehr aufhören, in höchsten Tönen über den Waldmenschen zu sprechen. „Ich habe ihm Bücher gebracht, über die er wie ein Intellektueller reflektierte. Der war so gescheit.“ Irgendwann kommen ihr die Tränen. „Erich tot. Nein. Ich versteh‘ das nicht.“ Ihr Blick fällt auf Jenny. Die Hündin winselt, so als ob sie jedes Wort von Frau Häfliger verstanden hätte. Hertha Häfliger streichelt sie sanft. Was Thomas Amann in seinem Auftragt bestärkt, für Jenny ein neues Zuhause zu finden. „Das hat sie verdient, denn sie ist ein guter Hund.“ Kein Wunder: Sie durfte auch lange mit einem guten Menschen zusammen sein.

Wer Jenny bei sich aufnehmen möchte, möge sich mit Thomas Amann in Verbindung setzen: 0650 / 23 28 578

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