Neben den bereits seit dem Vorjahr angehobenen Gebühren für Aktenkopien geißeln die Anwälte die nun geplante Verteuerung von Grund- und Firmenbuchabfragen bzw. Eintragungen ins Grundbuch. Das Gebührenwesen der Justiz erschwere insgesamt den Zugang zum Rechtsstaat maßgeblich, wird kritisiert. Vize-Präsident Stefan Prochaska sieht hier bereits eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren laut Europäischer Menschenrechtskonvention.
Zugleich wird von Seiten der Justiz die Umsetzung des elektronischen Akts urgiert. Doch selbst wenn dieser einmal auf allen Ebenen Realität würde, vermisst Auer eine Präzisierung, was das Ministerium unter einer “Datei” versteht. Deren Zustellung soll laut Entwurf des Budgetbegleitgesetzes nämlich einen Euro kosten. Die Rechtsanwälte würden aber gerne wissen, ob darunter der ganze Akt zu verstehen ist oder auch nur “einige Zeilen”.
Weiterer Kritikpunkt: Neue “Zwangsstrafen” von maximal 3.600 Euro für die verspätete Abgabe von Jahresabschlüssen für im Firmenbuch eingetragene Unternehmen, so Prochaska. Der Staat würde so maximal 108 Millionen Euro einheben können – gesetz dem Fall, dass die Hälfte der rund 60.000 betroffenen Firmen weiterhin säumig ist und ihre Bilanzen verspätet einreicht. Die Neuregelung der Kostenentscheidung stößt ebenfalls auf Ablehnung: Demnach wüssten die Verfahrensbeteiligung erst nach sämtlichen Rechtsgängen, welchen Kostenersatz das erstinstanzliche Gericht festsetzt.
Von der Verkürzung des “Gerichtsjahres” auf fünf Monate (statt bisher neun) bei gleichzeitiger Verringerung des Entgelts halten die Rechtsanwälte ebenfalls nichts. “Hier wird wieder einmal am falschen Ort, bei Bildung und Ausbildung, gespart”, sagte Vizepräsidentin Brigitte Birnbaum. Und auch die Abschaffung der sogenannten verhandlungsfreien Zeit im Sommer und über Weihnachten will die Wiener Kammer nicht hinnehmen. Man habe mit dieser “gute Erfahrungen” gemacht, und außerdem seien ohnehin alle Beteiligten auf Urlaub und für das Verfahren nötige Informationen nicht aufzubringen.
“Unfassbar” finden die Anwälte auch die geplante Straffreiheit bei leichter fahrlässiger Körperverletzung. Demnach soll dieser Tatbestand nur mehr angeklagt werden, wenn das Opfer mehr als zwei Wochen verletzt ist. Eine Bestimmung, die die mit der Strafprozessreform eingeführte Möglichkeit, Schmerzensgeld-Ansprüche bereits im Strafverfahren geltend zu machen, konterkariere, meint Vize-Präsidentin Elisabeth Rech. Das Opfer müsse seine Ansprüche nun per Zivilverfahren durchzusetzen versuchen – “das Risiko wird auf die Schwächsten verlagert”.
Einen positiven Punkt hat die Wiener Rechtsanwaltskammer aber doch im Gesetzesentwurf gefunden: Bei Unterhaltsverfahren geht der Beschuldigte künftig straffrei, wenn er bis zum Abschluss des Verfahrens die Unterhaltsschuld beglichen hat. Rech begrüßte dies als Maßnahme mit motivationsfördernder Wirkung.