"Letzte Generation" Österreich beendet Klima-Proteste

Wie deren Sprecherin Marina Hagen-Canaval am Dienstag gegenüber der APA präzisierte, würde die Kampagne unter dem Namen der "Letzten Generation" eingestellt. "Wir sehen keine Perspektive für Erfolg mehr." Aber es werde "neue Projekte des Widerstands geben", welche, wisse man noch nicht.
Die Regierung habe in den vergangenen zwei Jahren mit kompletter Inkompetenz geglänzt und die Bevölkerung habe sich "für die fossile Verdrängung entschieden". "Wir sehen ein, dass Österreich weiter in fossiler Ignoranz bleiben will und damit in Kauf nimmt, für den Tod von Milliarden von Menschen mitverantwortlich zu sein. Die Gesellschaft hat versagt. Uns macht das unendlich traurig", hieß es in einer Aussendung.
"Punkt erreicht, an dem Schließung Sinn macht"
Hagen-Canaval: "Die Kampagne hat einen Punkt erreicht, an dem eine Schließung Sinn macht und Platz für einen neuen Weg macht." Die "Letzte Generation" wird ebenso wie die Proteste in der bisherigen Form beendet, wobei die Aktivisten die "Letzte Generation" primär nicht als Gruppe wie eine NGO sehen, sondern als Kampagne. Man mache Platz, "damit Neues entstehen kann". Man habe mehr Menschen als je zuvor politisiert und Samen für einen friedlichen Aufstand gepflanzt. "Wir sind nicht mehr die einzigen, die nicht länger bereit sind, die Verbrechen der Regierung zu tolerieren. Die Menschen werden sich weiter organisieren und sich gegen das zerstörerische System auflehnen", hieß es in der Aussendung.
Nach dem angekündigten Ende der Klimaproteste veröffentlichte das Innenministerium am Dienstag die entsprechende Polizeibilanz: Seit 2023 wurden 378 Kundgebungen registriert. Dabei gab es 230 Strafanzeigen sowie 3.990 Verwaltungsanzeigen. Insgesamt wurden 1.060 Festnahmen durchgeführt, so das Ressort.
Spendenkanäle bleiben offen
Die "Letzte Generation" gab indes an, die restlichen Finanzmittel würden verwendet, "um die Kosten von Kriminalisierung und Ermittlungen zu decken". Die Spendenkanäle bleiben offen, weil immer noch hohe Geldstrafen und hohe Prozesskosten ausständig sind. "Wir sind voller Dankbarkeit und Ehrfurcht für alle mutigen Menschen, die mit der Letzten Generation Österreich protestiert haben."
Zahlreiche Protestaktionen
Die primäre Forderung sei die Verankerung von Klimaschutz als Grundrecht in der Verfassung. Nach eigener Darstellung habe man dafür bisher in vielfältigster Weise protestiert: Straßenkleben, Autobahnproteste, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ein Gehirn schenken, Proteste vorm Parlament, Proteste im Parlament, Bäume pflanzen, Farbproteste an Luxusfassaden, Pool-Proteste, Ruhestörung, Motorsport-Unterbrechungen, Gespräche mit Politikerinnen und Politikern sowie Promis, digitale Proteste, Blaskapelle auf der Autobahn, Aktionärssitzungen von fossilen Konzernen stören, Zelten, Protestmärsche, Kabarett, Politikerkonfrontationen, Musikkonzertstörungen, Theaterstücke unterbrechen, an Autos anbetonieren, die Bundesregierung verklagen, TV-Auftritte, Podiumsdiskussionen, Störungen beim Marathon, Bannerdrops, Aufklärungsvideos, Infoabende zur Klimakatastrophe, Störungen von Skisportevents und zuletzt Flughafenproteste.
ÖVP: "Eine gute Nachricht"
NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Diese Einsicht ist eine gute Nachricht für unsere Mitmenschen und den Klimaschutz. Schließlich haben die oftmals überzogenen Aktionen der 'Letzten Generation' viele Menschen gegen den Klimaschutz aufgebracht." "Offenbar haben die Klimakleber nach zahlreichen Gerichtsverfahren endlich begriffen, dass Österreichs Straßen kein rechtsfreier Raum sind und es kein Grundrecht auf ihre Sabotage-Aktionen gibt", meinte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
FPÖ: "Der Wahnsinn hat ei Ende"
"Der Wahnsinn hat ein Ende! Das ist die erste gute Aktion der Klima-Aktivsten überhaupt", meinte der niederösterreichische LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ). "Heute können hunderttausende Pendler und Autofahrer, die von diesen 'Klimaterroristen' mit ihren irren Blockadeaktionen in den Stau gezwungen wurden, endlich aufatmen", reagierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker.
Auch wenn die Aktionen der "Letzten Generation" umstritten waren, hätten sie doch ein wichtiges Thema in den Vordergrund gerückt: Die rasch voranschreitende Klimakrise, so Global 2000 in einer Aussendung. Die Klimabewegung würde die Gesellschaft weiter aufrütteln.
Stichwort: Die "Letzte Generation"
- Die "Letzte Generation" war ein Zusammenschluss von Aktivistinnen und Aktivisten mit dem Ziel, mit zivilem Protest und aufsehenerregenden Methoden mehr Maßnahmen der Politik gegen die Klimakrise zu erwirken. "Wir sind die erste Generation, die die Folgen der Klimakrise spürt - und gleichzeitig die letzte Generation, die noch etwas tun kann", lautete die Eigendefinition der Gruppe. Unter der Bevölkerung und der Politik waren die Aktionen der "Letzten Generation" umstritten.
- Hauptprotestform war nach Vorbild der englischen Gruppe "Just Stop Oil" das Festkleben an Fahrbahnen, um den Straßenverkehr an neuralgischen Punkten zum Erliegen zu bringen. Die Aktivistinnen und Aktivisten griffen aber auch auf andere Aktionen zurück, wie etwa das Stören von Sportevents oder das Beschütten von Kunstwerken. Ihre jüngsten Proteste richteten sich gezielt gegen den Flugverkehr.
- Die Aktionen folgten einer modernen Medienlogik: "Eine Demonstration vor der OMV schafft es nicht auf die Titelseite, etwas Farbe auf einer Glasscheibe im Museum schon", so die "Letzte Generation". Dieser Weg war innerhalb der Gruppe nicht unumstritten. Im November 2023 zog sich etwa ein Teil des ersten Führungsteams der "Letzten Generation" rund um Martha Krumpeck zurück, um sich vermehrt Bürgerprotestbewegungen zu widmen.
- Nach eigenen Angaben umfasste die "Letzte Generation" zuletzt rund 280 Aktivistinnen und Aktivisten, die direkt an Klebe-Aktionen teilnehmen bzw. schon teilgenommen haben. Im Hintergrund arbeiteten demnach noch weitere 300 Personen. Finanziert wurde die Organisation durch Spendengelder. Zuwendungen von großen internationalen Organisationen wie etwa dem "Climate Emergency Fund" habe es nicht gegeben.
(APA)