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70 junge Roma-Aktivisten aus Europa tagen derzeit in Wien

Derzeit findet in Wien eine Roma-Jugendkonferenz statt.
Derzeit findet in Wien eine Roma-Jugendkonferenz statt. ©APA
70 junge Roma-Aktivisten aus zwölf europäischen Ländern befinden sich seit Anfang der Woche in Wien, um an der ersten internationalen Jugendkonferenz zum Thema Antiziganismus teilzunehmen und Erfahrungen auszutauschen.

“Es ist wirklich traurig, dass Roma europaweit diskriminiert werden”, sagte etwa der 29-jährige Teilnehmer Mustafa Jakupov aus Mazedonien am Donnerstag in Wien. Vor der Pressekonferenz in Wien-Mariahilf veranstalteten die jungen Erwachsenen einen Flashmob bei dem sie mehrmals “Open your eyes!” (“Öffne deine Augen!”, Anm.) skandierten. Bei einer gemeinsamen Plakataktion stellten sie die Frage “Do you expect me to dance, sing, beg?” (“Erwartest du von mir, dass ich tanze, singe, bettle?”, Anm.). Sie antworteten darauf mit den Worten: “I can do more. Open your eyes! – Stop Antigypsyism” (“Ich kann mehr. Öffne deine Augen! – Stop Antiziganismus”, Anm.).

Roma-Jugendkonferenz in Wien

Die Jugendkonferenz “PUTREN LE JAKHA! – OPEN YOUR EYES” wurde vom Wiener Verein “Romano Centro – Verein für Roma” initiiert. Im Fokus der Veranstaltung steht die Auseinandersetzung mit Rassismus gegen Roma in Europa, insbesondere in der Medienberichterstattung. Teilnehmer aus Albanien, Bulgarien, Deutschland, Mazedonien, Polen, Rumänien, Serbien, der Slowakei, Spanien, Tschechien, Ungarn und Österreich seien zur Konferenz gekommen, erklärte der pädagogische Leiter des Vereins, Ferdinand Koller.

“Diversität sollte kein Problem mehr sein”

Jakupov, Vorsitzender des mazedonischen Jugendvereins “Regional Roma Educational Youth Association” (RROMA) und studierter Übersetzer für Deutsch und Französisch, führte weiter aus: “Wir leben im 21. Jahrhundert, Diversität sollte eigentlich kein Problem mehr sein.” Seit sich sein Land der Europäischen Union annähere (…), habe sich die Situation für Roma in Mazedonien verschärft: So gebe es etwa ein strenges “ethnic profiling” bei den Grenzkontrollen. In Bezug auf Roma werde die Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen nicht respektiert, kritisierte Jakupov.

Beispiele für Diskriminierung

Die Ungarin Marietta Herfort schilderte anhand eines Beispiels die Diskriminierung von Roma in ihrem Heimatland: So seien die Bewohner einer Roma-Siedlung in der Ortschaft Miskolc unlängst dazu gedrängt worden, sich ein neues Dach über dem Kopf zu suchen. Die Bewohner seien “unter falschen Vorwänden” zum Verkauf ihrer Wohnhäuser gedrängt worden, “zu einem lächerlichen Preis”, schilderte Herfort. Die Siedlung sei der Regierung ein Dorn im Auge gewesen, dort solle nun ein Parkplatz entstehen. “Zur Entschädigung seien den Familien nur 6.000 Euro von der Regierung angeboten worden”, so Herfort. Um diese Summe könne man sich aber kaum ein neues Zuhause suchen.

Vernichtungslager in Tschechien

Der 49-jährige Tscheche Jozef Miker prangerte Politiker seines Heimatlandes an, die die einstmalige Existenz von Nazi-Konzentrations- und Vernichtungslagern für Roma in Abrede stellen. Im Konzentrationslager in der tschechischen Ortschaft Lety u Pisko sind Vorfahren von Miker ums Leben gekommen: “Dieses Konzentrationslager war nicht nur ein Arbeitslager, wie manche Politiker Tschechiens behaupten. Das war wirklich ein Vernichtungslager für Roma”, erklärte Miker, der sich seit 1992 für die Rechte der Roma einsetzt. Der Aktivist kämpft auch für die Errichtung einer Gedenkstätte in Lety und für den Abriss einer Schweinefarm, die auf diesem Gelände steht. Zehntausende Tiere würden dort gehalten, erklärte Koller der APA. “Das macht ein Gedenken völlig unmöglich, und das ist das Problem.”

Situation in Österreich besser

In Österreich sei die Situation “vergleichsweise besser”, sagte der 18-jährige Samuel Mago, ungarischer Rom und einer der beiden Konferenzorganisatoren. Antiziganismus gebe es aber auch hierzulande, wie sich in einem vom “Romano Centro” veröffentlichten Bericht herauslesen lasse. In der deutschsprachigen Medienberichterstattung würden Roma überwiegend negativ dargestellt, Klischees und Vorurteile würden untermauert, so der in Wien lebende Mago. Roma würden vor allem als “Parasiten, Bettler und Kriminelle” dargestellt, kritisierte er. “Positive Berichterstattung gibt es kaum.”

“Es gibt auch die, die studieren”

“Ich finde es sehr wichtig, dass hier 70 Jugendliche aus zwölf Ländern zusammengekommen sind”, erklärte der 26-jährige Rumäne Cristinel Dumitru der APA. “Wir sind hier zum Erfahrungs- und Wissensaustausch und stellen fest, dass es überall in Europa Formen von Antiziganismus und Vorurteile gibt”, so Dumitru, der in Wien lebt, bei dem Verein “Romano Centro” tätig ist und Sozialwirtschaft studiert. Das Problem in Österreich sei, dass Roma “gleich als Bettler stigmatisiert” würden. “Die gibt es auch, aber es gibt auch die, die studieren”, erklärte Dumitru. “Ich finde es wichtig, dass wir zusammenkommen und der Gesellschaft mitteilen, dass sie auch hinter die Klischees schauen soll.”

Öffentliches Event am Freitag

Als Rahmenprogramm der Konferenz, die am Montag begonnen hat und bis 16. November läuft, findet am Freitag, den 14. November in der Wiener Brunnenpassage (Brunnengasse 71, 1170 Wien) eine öffentlich zugängliche Veranstaltung statt. Auf dem Programm stehen laut Einladung die Präsentation der Konferenzergebnisse sowie Reden gegen Antiziganismus. Daneben treten auch Bands wie das österreichische “Diknu Schneeberger Trio” auf. (APA)

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