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60. Jahrestag: Der erste nukleare Sprengkopf

Tausende Menschen haben sich am Wochenende auf dem ehemaligen Testgelände White Sands in New Mexico versammelt, um an den ersten Atomwaffentest vor 60 Jahren zu gedenken.

Am 16. Juli 1945 war im Rahmen des Manhattan-Projekts der erste nukleare Sprengkopf gezündet worden. „Meine Großmutter fordert mich auf, zu knien und zu beten“, erinnert sich Emmett Hatch. „Wir wohnten 220 Kilometer weit weg, aber bei der Explosion dachte sie, Gott steigt auf die Erde herab. Denn die Sonne ging an dem Tag im Westen auf.“

Der Test war der entscheidende Schritt zur Fertigstellung der zwei Atombomben, die die US-Luftwaffe im August 1945 auf Nagasaki und Hiroshima abwarfen. Hunderttausende Menschen wurden getötet und Japan kapitulierte. Die Atombomben trugen so zum Ende des Zweiten Weltkrieges bei.

An der Stelle in der Wüste, an der das Atom-Zeitalter vor 60 Jahren eingeleitet wurde, steht ein Obelisk. „Trinity Gelände. Wo am 16. Juli 1945 der weltweit erste Atomsprengkopf explodierte“, steht auf der Tafel. Eine staubige Straße führt zu dem mit einer Kette umzäunten Monument. Fotos der Wissenschaftler, die am Manhattan-Projekt in Los Alamos beteiligt waren, hängen neben Bildern des Atompilzes, der bei der Explosion entstand.

Viele Besucher sammeln etwas von dem türkisen, kristall-ähnlichen Material vom Boden. Die Behörden erklären ihnen, dass keine Gefahr einer radioaktiven Kontamination bestehe. Während einer halben Stunde Aufenthalt an dem Gelände wird man einem halben Millirem Radioaktivität ausgesetzt, eine unbedenkliche Menge.

Clement Deister aus Socorro war Marineinfanterist im Südpazifik, als die Bomben auf Japan abgeworfen wurden. Er studiert die Gesichter der Besucher in White Sands. „Man sieht alle Gefühlsregungen, von Glück bis Betroffenheit“, sagt er. Die Explosion produzierte ein Licht, dass 400 Kilometer weit zu sehen war. Den Knall konnte man noch in 80 Kilometern Entfernung hören, und der Atompilz stieg 12.000 Meter hoch.

„Das Überraschendste war, dass es gar nicht aufhörte“ erinnert sich Jay Wechsler aus Espanola, der damals an den Messung beteiligt war. „Die Wolke kochte und strahlte und stieg höher und höher. Ich hatte damals keinen Schimmer, dass eine derartige Explosion eine ganze Stadt ausradieren könnte.“ Ben Benjamin, der damals Fotos für das Manhattan-Projekt machte, sagt: „Ich dachte nur: ’Oh mein Gott, ist das schön’.“

Der langjährige Kritiker der amerikanischen Atomwaffenpolitik, Greg Mello, sagte vor dem umstrittenen Jubiläum, die USA hätten die Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki noch immer nicht richtig eingeordnet. „Sie werden immer noch als gerechtfertigt betrachtet, wenn nicht als ehrenwert. Dabei waren sie einfach illegal und unmoralisch. Welchen Maßstab man auch anlegt, es waren Verbrechen.“

Viele der Wissenschaftler des Manhattan-Projektes zeigen kein Bedauern. Wechsler sagt, es sei eine sehr wichtige Arbeit gewesen. „Es gab großen Druck, die Sache rechtzeitig zu erledigen“, erinnert sich der Ex-Laborant. „Motivation ist nicht das richtige Wort. Es war mehr ein Druck. Die Ziele waren vorgegeben. Die Menschen machten einfach weiter. Wir hatten alle das Gefühl, es sei äußerst bedeutsam.“

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