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60-Jährige stalkte Ex-Schwägerin: 14 Monate unbedingt

Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Das Urteil ist bereits rechtskräftig. ©APA/HANS PUNZ
Am Mittwoch wurde ein drastischer Stalking-Fall am Wiener Landesgericht verhandelt. Eine 60-Jährige wurde rechtskräftig zu 14 Monaten unbedingt verurteilt, nachdem sie ihre Ex-Schwägerin beharrlich verfolgte.

Ein besonders drastischer Stalking-Fall ist am Mittwoch am Wiener Landesgericht verhandelt worden. Eine 60-Jährige wurde wegen beharrlicher Verfolgung ihrer Ex-Schwägerin zu acht Monaten unbedingter Haft verurteilt. Zudem wurden der Pensionistin ursprünglich auf Bewährung nachgesehene sechs Monate aus einer Vorverurteilung widerrufen. Damit muss sie insgesamt 14 Monate absitzen. Das Urteil ist rechtskräftig.

815 Anrufe zwischen 18. Juni und 8. August

Die Angeklagte schleppte sich - mühsam auf einen Rollator gestützt - in Begleitung einer Justizwachebeamtin in den Gerichtssaal. Anfang August war die 60-Jährige fest- und in U-Haft genommen worden, nachdem sie erneut ihre Ex-Schwägerin telefonisch terrorisiert hatte. Zwischen 18. Juni und 8. August rief sie 815 Mal bei der Frau an - jeweils am Diensthandy der bei einer großen Versicherung Beschäftigten und mit unterdrückter Nummer.

Dabei hatte die Betroffene längst eine Einstweilige Verfügung erwirkt, welche der 60-Jährigen jede Kontaktaufnahme untersagt. Ende 2018 war die Pensionistin erstmals wegen beharrlicher Verfolgung verurteilt worden. 2019 setzte es dann in einem zweiten Prozess sechs Monate auf Bewährung, nachdem sie ihre gesamte Familie - die Ex-Schwägerin eingeschlossen - mit permanenten Telefonaten nahe Richtung Wahnsinn getrieben hatte. Mit dem Urteil wurden der Pensionistin auch die Weisungen erteilt, sich einer Psychotherapie zu unterziehen und zukünftig ihre Angehörigen in Ruhe zu lassen.

Angeklagte: "Ich hab' keine Böse Absicht gehabt"

Einem psychiatrischen Gutachten zufolge ist die 60-Jährige allerdings außerstande, die emotionale Lage anderer zu erkennen. Sie weist demnach eine hochgradige Affektstörung auf, neigt zu Logorrhö, hemmungs- und distanzlosem Gerede, das mit unflätigen Beschimpfungen gespickt ist.

Das bekam mit Sommerbeginn die ehemalige Frau ihres Halbbruders ab, wobei sich die Ex-Schwägerin vor fast 30 Jahren von dem Mann scheiden hat lassen. "Ich habe dringend Hilfe gebraucht", erklärte die Angeklagte im Grauen Haus ihre unentwegten Anrufe bei der Betroffenen. Sie habe sich "nicht anders helfen können". Worin die Hilfe bestehen hätte sollen, konnte sie nicht beantworten. Sie habe der Ex-Schwägerin außerdem Grüße ausrichten und ein Geburtstagsständchen vorsingen wollen: "Ich hab' keine böse Absicht gehabt."

Opfer sei "unter Storm gestanden"

"Es ist um halb acht losgegangen und hat bis zehn nach Mitternacht gedauert. Es war Wahnsinn", schilderte die Ex-Schwägerin Einzelrichter Andreas Böhm die ständigen telefonischen Belästigungen. Die Angeklagte habe ihre Mailbox "vollgestopft", Kunden hätten sie nicht mehr erreicht, ihr Arbeitgeber habe berufliche Konsequenzen angedacht, sie habe um ihren Job gefürchtet. "Man wird sehr nervös. Ich bin in der Zeit sehr unter Strom gestanden", gab die Angeklagte zu Protokoll.

Seit die 60-Jährige in Haft ist, "habe ich ein neues Lebensgefühl". Sie fange nicht mehr zu zittern an, wenn das Telefon läutet. Zugleich sei ihr aber klar, dass das nicht von Dauer sei: "Wenn sie wieder rauskommt (aus dem Gefängnis, Anm.), geht es wieder los. Davon bin ich überzeugt."

"Ich war in einem Ausnahmezustand", entschuldigte sich die Angeklagte nach dieser Aussage. Seit 2017 habe sie "kein Leben mehr. Meine Mama ist gestorben, meine Geschwister sind ohne mich abgefahren". Sie versprach, nach ihrer Enthaftung die Ex-Schwägerin in Ruhe zu lassen: "Es wird garantiert nie wieder vorkommen."

Um das - zumindest am Papier - sicherzustellen, wiederholte der Richter per Weisung das Kontaktaufnahmeverbot. Auch die Inanspruchnahme von psychotherapeutischer Behandlung wurde der 60-Jährigen wieder aufgetragen.

(APA/Red)

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