AA

59. Filmfestival Venedig

Mit einem imposanten Reigen von Stars hat das Filmfestival in Venedig begonnen. Eindrückliche Frauenschicksale dominieren bisher das Filmprogramm.

Der beachtliche Aufmarsch von internationalen Stars zeigt die Bedeutung, die das älteste Filmfestival der Welt trotz andauernden politischen Ränkespielen noch immer hat. Im Mittelpunkt stand zur Eröffnung die italienische Filmdiva Sophia Loren, die sich sonst nur noch selten in der Öffentlichkeit zeigt.

Sie kam mit ihrem Sohn Edoardo Ponti, in dessen erstem Film „Between Strangers“ sie die Hauptrolle spielt. Für die 67-jährige Loren ist der Auftritt im außer Wettbewerb gezeigten Film bereits ihre hundertste Rolle, wie sie in Venedig sagte, und es war nicht nur ein Gefallen für ihren 29-jährigen Sohn. „Ich war sofort begeistert vom Drehbuch“.

Das Publikum zeigte sich angetan vom englisch gesprochenen Erstling, die Presse hingegen reagierte zurückhaltend. Ähnlich erging es dem ebenfalls englisch gedrehten Eröffnungsfilm „Frida“ der Amerikanerin Julie Taymor, der vom Publikum enthusiastisch gefeiert wurde, aber nicht nur gute Kritiken erhielt.

Mit der geborenen Mexikanerin Selma Hayek hat er zwar eine intensive Hauptdarstellerin, die Leiden und Obsessionen der im Schatten ihres Malerfreundes Diego Rivera stehenden Frida Kahlo (1907-1954) glaubwürdig darzustellen weiß. Sex und Weltpolitik lenken jedoch zu sehr von der Hauptperson und von ihrer Kunst ab.

Die bisher positivste Überraschung im Wettbewerb ist der britische Beitrag „The Magdalene Sisters“ des Schauspielers Peter Mullan. Er beleuchtet ein tristes Kapitel der Geschichte, das in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist.

In rund 45 Magdalene-Klöstern wurden im 20. Jahrhundert junge Frauen als Wäscherinnen gefangen gehalten, die ein uneheliches Kind zur Welt gebracht hatten oder sonst auffällig waren. Die wenigsten kamen zu Lebzeiten aus dem Kloster heraus.

In quasi dokumentarischem Stil und mit einer ganzen Reihe von exzellenten Schauspielerinnen schildert der Regisseur die dauernden Erniedrigungen, die sich die jungen Frauen gefallen lassen mussten. In einer Schlüsselszene des Films haben sich alle Insassinnen nackt auszuziehen, um von den Nonnen aufs schändlichste gedemütigt zu werden.

Der Film hat in Italien bereits heftige Polemiken provoziert, weil einige Zeitungen die im Film beschriebenen Praktiken schlicht abstreiten. In Venedig war auch die ehemalige Nonne Phyllis McMahon anwesend, die im Film eine kleine Rolle spielt.

Sie war selber als „Sündige“ in einem der Magdalene-Klöster, wurde jedoch von ihren Eltern später herausgeholt. „Ich habe die unglaublichsten Brutalitäten gesehen“, sagte sie, „aber schuldig ist auch die Gesellschaft, welche die Frauen eingeliefert hat.“ Das letzte Magdalene-Kloster wurde erst 1996 geschlossen.

Extremste Erniedrigungen muss auch die Hauptdarstellerin des Films „Lilya 4-Ever“ des schwedischen Regisseurs Lukas Moodysson erleben. Sie wird als 16-Jährige irgendwo in Russland von ihrer Mutter zurückgelassen, die mit einem Liebhaber in die USA geht.

Sie wird aus ihrer Wohnung geschmissen, muss, um zu überleben, mit Männern schlafen, verliebt sich in einen netten Mann, der sie nach Schweden bringt. Dort wird sie – der Mann war ein Lockvogel – in einem schäbigen Loch als Gefangene gehalten und zur Prostitution gezwungen. Ihr einziger Ausweg ist der Selbstmord.

Wie Mullan betonte auch Moodysson in Venedig, dass er nichts dazu erfunden habe, sondern noch schrecklichere Frauenschicksale kenne. Der Film des Regisseurs der Erfolgsfilme „Fucking Amal“ und „Together“ ist ebenfalls ein Anwärter auf einen Preis in Venedig.

  • VIENNA.AT
  • Promis
  • 59. Filmfestival Venedig
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.