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58-Jähriger wegen Mordes in Wiener Neustadt vor Gericht

Wegen Mordes an seiner 13 Jahre älteren Lebensgefährtin hat sich ein 58-jähriger Niederösterreicher am Mittwoch in Wiener Neustadt vor Gericht verantworten müssen.
Der Prozess begann mit halbstündiger Verspätung, weil der Angeklagte zuvor untersucht wurde, ob er aufgrund seiner physischen Verfassung verhandlungsfähig war – er leidet an einer schweren Krebserkrankung, was erst in der U-Haft entdeckt wurde.

Erst am Samstag war der 58-Jährige aus dem Spital wieder in die Justizanstalt überstellt worden. Seine Verfahrenshilfe beantragte daher eine Vertagung, da sie nur zwei Tage Vorbereitungszeit gehabt habe. Da ein Gespräch auch im Krankenhaus möglich gewesen wäre, wies Richter Daniel Popelka den Antrag ab. Nach den Worten der Pflichtverteidigerin bekenne sich der Angeklagte nicht schuldig des Mordes – er gebe den Angriff auf die Frau zu, bestreite aber die Tötungsabsicht. Der Mann sei in dieser – problembehafteten – Beziehung der Duldende gewesen, die unter Sachwalterschaft stehende 71-Jährige hätte ihn öfter attackiert.

Staatsanwältin Barbara Sengstschmid warf dem Beschuldigten vor, der Frau am 14. Juni in Pottenstein (Bezirk Baden) mit einem Nudelholz ein Dutzend kräftige Schläge auf den Kopf versetzt zu haben. Als sie zusammenbrach, habe er mit einem 35 Zentimeter langen Küchenmesser in ihren Bauch gestochen. Er kümmerte sich nicht um das Opfer – die Frau verblutete qualvoll erst nach einigen Stunden. Sie könnte noch am Leben sein, wenn er die Rettung verständigt hätte, so Sengstschmid. Der Tat war ein Streit vorausgegangen, weil der 58-Jährige noch fortgehen hatte wollen.

Sichtlich von seiner Krankheit gezeichnet gab der Angeklagte zunächst Auskunft über sein Leben. Der gelernter Maurer ist seit langem geschieden und seit sieben Jahren arbeitslos. Das spätere Opfer kannte er seit rund acht Jahren näher: Er habe ihr immer geholfen, für sie gekocht und Wäsche gewaschen, öfter bei ihr gewohnt. Die – wohl problem- und alkoholbehaftete – Beziehung bestand seit vier Jahren.

Der 58-Jährige beschrieb die Frau als eigentlich gutmütig, nur wenn sie ihre Medikamente nicht nahm, “drehte sie durch”. Dann habe sie ihm “ein paar runter gehaut”, einmal einen Aschenbecher auf seinen Kopf geschlagen und eine Blumenvase geworfen, verwies der Angeklagte darauf, dass die Frau schizophren und auch dreimal “in Gugging” (Landesnervenklinik) gewesen war. Seinen täglichen Alkoholkonsum bezifferte er mit durchschnittlich sieben Bier.

An jenem Montag im Juni war das Paar einkaufen und im Gasthaus gewesen, zu Mittag daheim und dann noch einmal in einem Cafe. Dass die Frau nach der Rückkehr in die Wohnung seine und ihre Schlüssel versteckte, habe ihn zornig gemacht, räumte er auf Richterfrage ein, dass er weg wollte, weil kein Bier mehr da war. Dann sei die 71-Jährige, die dabei war, in der Küche ein Hendl zu zerlegen, mit dem Messer auf ihn los gegangen, worauf er den Nudelwalker nahm und zuschlug. “Ich hab’ geglaubt, sie will mich abstechen”, versuchte der Angeklagte, eine Notwehrsituation glaubhaft zu machen. “Die Frau war 71 Jahre, 1,56 Meter groß und bereits niedergeschlagen”, meinte der Richter und hielt ihm von dieser Version divergierende frühere Aussagen vor, wonach er auf die reglos am Boden Liegende einstach und danach regelrecht erleichtert gewesen sei.

Aus psychiatrischer Sicht war und ist der Angeklagte zurechnungsfähig. Sein chronisch schädlicher Alkoholkonsum, an den er gewöhnt war, habe keine körperliche Abhängigkeit erzeugt und seine geistige Leistungsfähigkeit nicht gemindert.

Gerichtsmediziner Wolfgang Denk betonte wie die Staatsanwältin zuvor, dass der Tod der Frau zu verhindern gewesen wäre: Sie verblutete erst nach Stunden. Der Stich hatte die Leber zersetzt und die Milz verletzt. Von den Schlägen mit dem Nudelwalker, dessen Griff dabei sogar abbrach, zeugten elf Rissquetschwunden und eine Hautabschürfung am Kopf.

Der Sachwalter hatte damals die Exekutive verständigt, weil die Frau ihrer Pflegerin zwei Tage lang nicht geöffnet hatte. Die Polizei fand die Tote am 16. Juni im Vorzimmer der – verwahrlosten – Wohnung auf dem Bauch liegend.

Auf eine Videovorführung der Tatrekonstruktion wurde verzichtet. Gegen Mittag zogen sich die Geschworenen zur Urteilsberatung zurück.

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