50-jähriges Bestehen: Plakolm würdigt Zivildienst

Sie sei "stolz" auf diese Entscheidung, sagte sie bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt, bei der sie von aktiven und ehemaligen Zivildienern sowie zwei Klientinnen begleitet wurde.
Heute könne man gar nicht glauben, welche Begriffe anfangs für jene jungen Männer verwendet wurden, die sich für den Zivildienst entschieden, verwies sie auf damalige Kritik: "Man hat von Wehrkraftzerstörung oder Wehrdienstverweigerern gesprochen."
Zivildiener als tragende Säule im Sozialsystem
Heute wisse man, dass Zivildiener viel mehr als eine tragende Säule im Sozialsystem seien: "Zivildiener sind helfende Hände in der Pflege, sie sind Kameraden bei der Rettung und auch bei den Feuerwehren. Sie sind Zuhörer und gleichzeitig Geschichtenerzähler, Spielkameraden und jemand zum 'An-der-Hand-Nehmen'", so Plakolm. "Ich sage von Herzen 424.913 Mal Dankeschön", verwies sie auf die Zahl derjenigen jungen Männer, die seit der Einführung den Wehrersatzdienst geleistet haben.
Der Zivildienst habe sich in diesen 50 Jahren vom "ungeliebten Waisenkind der Nation" zum "Headhunter" im Sozialbereich und der Pflege entwickelt. "Er ist schon längst nicht mehr wegzudenken."
Auch verwies sie darauf, dass bereits 2012 und 2017 in Studien die positiven und negativen Auswirkungen des Zivildienstes gegengerechnet wurden - das Ergebnis sei eindeutig: "Die positiven Effekte des Zivildienstes übersteigen die Kosten bei Weitem." Um diese positiven Effekte neuerlich schwarz auf weiß zu belegen werde sie die Wirtschaftsuniversität Wien mit einer Studie beauftragen, die die Wirkung des Zivildienstes untersuchen soll - sowohl in ökonomischer Hinsicht als auch betreffend der Wirkung auf die Zivildiener und deren weiteren Fortkommen. Erste Ergebnisse sollen im Juli vorliegen, die komplette Studie dann im Oktober.
Einführung vor 50 Jahren war "goldrichtige Entscheidung"
Die Einführung vor 50 Jahren sei jedenfalls eine "goldrichtige Entscheidung" gewesen und sie sei auch froh, dass die Volksbefragung über die Wehrpflicht (bei der sich die Mehrheit für die Beibehaltung derselben ausgesprochen hat) im Jahr 2013 daran nichts geändert hat, betonte die Staatssekretärin.
Gefragt, ob es heute noch gerechtfertigt ist, dass der Zivildienst mit neun Monaten deutlich länger dauert als der Präsenzdienst mit sechs Monaten, sagte Plakolm, es sei immer in etwa drei Monate Unterschied gewesen, auch wenn sich im Lauf der Zeit die Dauer der Verpflichtungen geändert hat. Auch komme damit zum Ausdruck, dass der Zivildienst keine Konkurrenz zum Wehrdienst sein dürfe, so Plakolm sinngemäß. Außerdem bestehe der "große Wunsch" vieler Einrichtungen, dass es genügend Zivildiener gibt. Die Dauer trage dazu bei, "dass man eine gewisse Bedarfsdeckung einhalten kann."
Zivildienst: Ein halbes Jahrhundert alt und längst etabliert
Der Zivildienst wird 50. Anfangs oft als "Drückeberger" bezeichnet, sind die Zivildiener mittlerweile an vielen Orten gerne gesehen, sei es in Spitälern, Behindertenrichtungen, Kindergärten oder auch an der Straße, um Kindern einen sicheren Schulweg zu ermöglichen. Insgesamt haben beinahe 425.000 junge Männer den Wehrersatzdienst geleistet, der aktuell neun Monate dauert.
Es hatte nach Wiedererlangung der österreichischen Souveränität und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht recht lange gedauert, bis ein Zivildienst etabliert war. Erst seit 1975 gibt es die Möglichkeit, aus Gewissensgründen den Wehrersatzdienst zu leisten. Bis dahin musste diese Gruppe einen Dienst ohne Waffe beim Bundesheer leisten. Der Beschluss dazu fiel im März 1974, daher jetzt das 50-Jahr-Jubiläum.
Im ersten Jahr traten gerade einmal 344 Zivildiener ihren Dienst an. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2017 gab es 14.907 Zuweisungen.
Dass mittlerweile jährlich gut 14.000 junge Männer den Zivildienst antreten, hängt auch mit der Abschaffung der so genannten Gewissensprüfung zusammen. Vor einer eigenen Kommission mussten bis 1992 die Interessierten glaubhaft darlegen, dass sie aus Gewissensgründen den Dienst an der Waffe ablehnen.
Der Waffengebrauch war den Zivildienern dann auch nach ihrer Tätigkeit über zwei Jahrzehnte nicht erlaubt. Diese Sperre wurde später auf 15 Jahre gesenkt. Mittlerweile gibt es Ausnahmen, etwa wenn ein ehemalige Zivildiener seine Jagd-Leidenschaft entdeckt.
Dauer des Zivildienstes wurde öfter einmal geändert
Öfter einmal geändert wurde auch die Dauer des Zivildiensts. Begonnen wurde mit acht Monaten, mit Abschaffung der Gewissensprüfung wurden es zunächst elf, später zwölf Monate, ehe man nunmehr bei neun Monaten mit zwei Wochen Urlaub landete.
Wiewohl die Dauer somit deutlich länger als jene beim Präsenzdienst ist, hat der Zivildienst nicht an Attraktivität verloren. Rund 45 Prozent der Wehrpflichten entscheiden sich Jahr für Jahr für den Wehrersatzdienst. Den größten Boom gab es bei der Abschaffung der Gewissensprüfung. 1992 stieg die Zahl der Zivildiensterklärungen sprunghaft von 4.573 auf 12.039 an.
Die Einsatzgebiete der Zivis sind vielfältig. Besonders das Rettungswesen greift auf die jungen Männer zurück. 40 Prozent der Zivildiener sind in diesem Sektor beschäftigt. Dahinter folgen Sozial- und Behindertenhilfe sowie Altenbetreuung. Zivildiener sind aber z.B. auch in Spitälern, Kindergärten, in der Flüchtlingshilfe, im Katastrophenschutz, in der Jugendarbeit oder im Umweltschutz aktiv.
Regional gesehen ist das Interesse am Zivildienst in Wien am größten, danach folgen die Oberösterreicher. Die mit Abstand wenigsten Zivildiener gibt es im Burgenland.
Bis 35 kam man zum regulären Zivildienst einberufen werden, bis 50 zum außerordentlichen. Letzteres wurde lange kaum Ernst genommen, bis dann die Corona-Pandemie kam. Anfang April 2020 traten rund 3.500 außerordentliche Zivildienstleistende den Dienst an. Davon waren rund 2.000 ehemalige Zivildiener, die sich freiwillig gemeldet hatten. Die übrigen waren Zivis, deren Dienst um drei Monate verlängert wurde. Später kamen noch einmal 1.000 Freiwillige dazu.
Zuständig für den Zivildienst war viele Jahre das Innenministerium, ehe er ins Landwirtschaftsministerium wechselte und mittlerweile im Bundeskanzleramt angekommen ist. Zuständig für den Bereich ist Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP).
(APA/Red)