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300 Mio. Euro zu viel GIS bezahlt: So bekommen Sie Ihr Geld vom ORF zurück

GIS-Beitragszahler haben ein Recht auf Rückzahlung.
GIS-Beitragszahler haben ein Recht auf Rückzahlung. ©APA/HANS PUNZ
In den letzten fünf Jahren dürften die Österreicher dem ORF 300 Millionen Euro zuviel bezahlt haben. Der Grund: Die GIS verrechnet monatlich zehn Prozent Mehrwertsteuer auf die Rundfunkgebühren, was gegen europäische Richtlinien verstößt. GIS-Kunden haben nun Anspruch auf Rückzahlung.

Der Prozessfinanzierer AdvoFin startet am Mittwoch, den 10. Oktober 2018, die größte Konsumenten-Sammelklage, die es bislang in Österreich gegeben hat. 3,3 Millionen GIS-Kunden haben gegenüber dem ORF Anspruch auf Rückzahlung von zehn Prozent Mehrwertsteuer auf das Programmentgelt, zumindest für die vergangenen fünf Jahre.

Sammelklage gegen ORF wegen GIS-Gebühr gestartet

Wie es dazu kommen konnte? In den letzten fünf Jahren haben die Österreicher der GIS und damit dem ORF mehr als 300 Millionen Euro zu viel bezahlt. Gerhard Wüest, Vorstand der AdvoFin Prozessfinanzierung AG: “Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2016 klar festgestellt: Auf Rundfunkgebühren sind keine Mehrwertsteuern zu erheben. Trotzdem verrechnet die GIS als Inkassobüro für den ORF nach wie vor Monat für Monat jedem ORF-Gebührenzahler zehn Prozent Mehrwertsteuer auf das Programmentgelt. Das ist einzigartig in Europa. Es ist höchste Zeit, diesen österreichischen Alleingang ein für alle Mal zu beheben. Deswegen haben wir heute eine Sammelklage gegen den ORF gestartet, an der sich jeder GIS-Beitragszahler risikolos und ohne Aufwand beteiligen kann.”

Rundfunkgebühren laut EuGH nicht umsatzsteuerbar

Die europäische Rechtslage ist eindeutig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im artverwandten Fall der tschechischen Rundfunkgebühr, sind Rundfunkgebühren nicht umsatzsteuerbar. Es gäbe bei Rundfunkgebühren kein freiwilliges Rechtsverhältnis zum Austausch Dienstleistung gegen Entgelt. Der Rundfunkbeitrag werde nicht auf Grundlage eines Vertrags zwischen Anbieter und Abnehmer erhoben, so der EuGH.

Auch sei kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben, da die Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühr nicht an die Nutzung der Rundfunkdienstleistung, sondern allein an den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts gebunden ist. Deshalb sei, so der EuGH, die Voraussetzung für die Umsatzsteuerbarkeit gemäß europäischer Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht gegeben.

Wolfgang List, Anwalt der AdvoFin und Experte für europäisches Recht: “Was für den tschechischen Rundfunk gilt, gilt 1:1 auch für den ORF. Weder in Tschechien noch in einem anderen Land der EU wird heute noch Konsumenten die Umsatzsteuer auf Rundfunkgebühren verrechnet. Nur in Österreich hält man sich immer noch nicht an die Entscheidung des EuGH.”

Finanzministerium verweist auf Sonderregelung für Österreich

Im Finanzministerium verweist man indes wie schon 2016 auf eine Sonderregelung im EU-Beitrittsvertrag, wonach Österreich weiterhin nichtgewerbliche Tätigkeiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten versteuern könne. “Unser Standpunkt hat sich nicht verändert”, erklärte Ministeriumssprecher Johannes Pasquali am Mittwoch auf APA-Anfrage.

“Wir sind der Meinung, dass es hier eine aufrechte und auch rechtskonforme Rechtsgrundlage gibt.” Es gebe diesbezüglich auch ein Gutachten aus dem Jahr 2016, das diese Position untermauere. “Dennoch überprüfen wir auch das EuGH-Urteil”, betonte Pasquali aber.

ORF verweist auf BMF-Stellungnahme

Der ORF reagiert kurz und bündig auf die angekündigte Sammelklage gegen die GIS und verweist dabei auf das BMF: “Wir haben der rechtlich sehr klaren Stellungnahme des Finanzministeriums nichts hinzuzufügen”, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

3,3 Millionen GIS-Kunden haben Anspruch auf Rückforderung

Von den 3,62 Millionen GIS-Kunden zahlen 3,31 Millionen neben der Rundfunkgebühr unter anderem auch das ORF-Programmentgelt, das beim am häufigsten verrechneten Kombientgelt (Radio und TV) seit 1. April 2017 durch Beschluss des ORF-Stiftungsrats mit 17,21 Euro zzgl. zehn Prozent Mehrwertsteuer monatlich festgelegt ist. 3,31 Millionen Österreicher zahlen daher zusätzlich zum Programmentgelt monatlich 1,72 Euro oder jährlich 20,65 Euro Mehrwertsteuer, die sie laut europäischem Recht nicht zu bezahlen hätten.

Wüest: “In Summe nimmt der ORF über die Mehrwertsteuer jährlich ca. 68 Millionen Euro zu viel von seinen Sehern und Hörern. Das ist eine Steuer auf die Steuer, die wir nun zurückverlangen. Und zwar rückwirkend für die letzten fünf Jahre. In Summe geht es also um mehr als 300 Millionen Euro, die der ORF an seine Kunden zurückzahlen muss.”

Geld zurück: So einfach geht’s

Jeder, der eine Überweisungsbestätigung an die GIS vorweisen kann, kann sich ab 10. Oktober der GIS-Sammelklage anschließen. Wüest: “GIS-Kunden können sich ab sofort auf der Website von AdvoFin anmelden. Eine Registrierung mit Namen und E-Mail-Adresse sowie Kopie eines Zahlungsbelegs reichen aus. AdvoFin übernimmt die gesamten Kosten und das Prozessrisiko.”

Bei Erfolg erhält AdvoFin für die Risiko- und Kostenübernahme eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 27 Prozent. Bei einem durchschnittlichen Schaden von 100 Euro in den letzten fünf Jahren, erhält jeder GIS-Kunde also im Erfolgsfall circa 73 Euro zurück.

(Red)

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