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300 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Moskau und Wien

Die Beziehungen zwischen Österreich und Russland sind sehr gut. / Symbolbild
Die Beziehungen zwischen Österreich und Russland sind sehr gut. / Symbolbild ©AP
Seit 300 Jahren gibt es schon diplomatische Beziehungen zwischen Wien und Moskau und das spiegelt sich auch in der Bevölkerung wieder: Über 30.000 Russen leben heute in Österreich und 100.000 kommen jährlich als Urlauber zu Besuch.

Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs war das Verhältnis beider Staaten geprägt vom Kampf um die Vormachtstellung in Europa. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieben Sowjettruppen zehn Jahre in Österreich. Erste Kontakte der Habsburgermonarchie mit Russland begannen unter Friedrich III. in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Kaiser Maximilian und der russische Zar Iwan III. tauschten schließlich Ende des 15. Jahrhunderts Gesandtschaften aus. Zu regelmäßigen Kontakten kam es allerdings erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts unter Zar Peter I., der 1698 Kaiser Leopold in Wien besuchte.

Erster russischer Botschafter in Wien wurde Fürst Dmitri Michailowitsch Golizyn, der Ende des 18. Jahrhunderts insgesamt 18 Jahre im Amt war. Er galt als Kunstfreund und Wolfgang Amadeus Mozart gab mehrere Konzerte in Golizyns Stadtpalais. In Ottakring wurde die Gallitzinstraße nach ihm benannt. Sein Nachfolger als Botschafter und Mäzen wurde Graf Andrej Kirillowitsch Rasumofsky, der auch Russlands Vertreter beim Wiener Kongress 1814 war. Ludwig van Beethoven widmete ihm mehrere Stücke und das von ihm erbaute Palais in Wien-Landstraße gibt es auch heute noch, ebenso die Rasumofskygasse.

1849 halfen russische Truppen Kaiser Franz Joseph I. den Aufstand der Ungarn niederzuschlagen. Als die österreichische Hilfe für Russland im Krimkrieg (1853 bis 1856) gegen die Franzosen und Engländer ausblieb, sorgte dies jedoch für Ärger am Hof in St. Petersburg. Fürst Alexander Michailowitsch Gortschakow gelang es als Botschafter in Wien aber die diplomatischen Beziehungen zu erhalten.

In Wien-Landstraße Grundstein für Botschaftsgelände

Fürst Alexej Borissowitsch Lobanow-Rostowski, der 1882 zum Botschafter in Wien ernannt wurde, legte mit dem Erwerb mehrerer Gebäude in der Reisnerstraße im dritten Wiener Gemeindebezirk den Grundstein für das heutige Botschaftsgelände. 1899 wurde auf dem Grundstück die Kathedrale zum Heiligen Nikolaus eingeweiht, das bis heute größte russisch-orthodoxe Gotteshaus Mitteleuropas.

Im ersten Weltkrieg waren das zaristische Russland und Österreich-Ungarn erbitterte Gegner. Nach der Ausrufung der Republik Österreich 1918 nahmen die Regierungen Österreichs und der neu geschaffenen UdSSR 1924 diplomatische Beziehungen auf, die bis zum Einmarsch der Nationalsozialisten im März 1938 währten. Nach der Niederlage des Hitler-Regimes und dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Sowjetunion zu einer der vier Besatzungsmächte in Österreich und 1955 eine der Garantiemächte des Staatsvertrages. Mit der Auflösung der Sowjetunion Ende 1991 übernahm die Russische Föderation diese Funktion.

Laut offiziellen Zahlen leben 36.225 Personen russischer Herkunft in Österreich (Stand: Jahresbeginn 2016). Fast die Hälfte davon wohnt in Wien. Die russische Botschaft schätzt die Zahl der in Österreich ansässigen Personen mit russischem Migrationshintergrund aber sogar auf etwa 100.000.

Migranten nach Oktoberrevolution

Eine erste Welle von russischen Migranten gab es nach der Oktoberrevolution 1917. Insgesamt flohen damals etwa eineinhalb bis zwei Millionen Menschen aus Russland. Aussagekräftige Zahlen, wie viele davon in Österreich landeten, existieren allerdings nicht.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 1970er-Jahren emigrierten Menschen aus der Sowjetunion nach Österreich, doch erst nach 1989 kam die Migration so richtig in Schwung. Neben reichen Oligarchen und Wirtschaftsmigranten kamen in den vergangenen Jahren zunehmend Asylwerber aus Tschetschenien nach Österreich. Während zur Zeit der Tschetschenien-Kriege die Mehrheit der Antragsteller Asyl bekam, liegt die Anerkennungsquote mittlerweile bei rund 25 Prozent. Derzeit leben rund 30.000 Tschetschenen in Österreich.

Ab Herbst 1980 spielte mit dem damals 31-jährigen Anatoli Sintschenko von Zenit Leningrad (St. Petersburg) der erste UdSSR-Fußballer im Westen. Der dreifache sowjetische Internationale wurde von Rapid Wien verpflichtet. Er blieb bis 1983. Der große Coup, nämlich Superstar Oleg Blochin nach Hütteldorf zu locken, misslang freilich. Der spätere Teamchef der Ukraine und heutige Trainer von Dynamo Kiew durfte erst 1988 nach Österreich. Im Herbst seiner Karriere kickte er für Vorwärts Steyr.

Beziehungen zwischen Österreich und Russland sehr gut

Die Beziehungen zwischen Österreich und der Russischen Föderation gelten heute als ausgesprochen gut und sind großteils von Wirtschaftsinteressen geprägt. Allerdings ist das Hegemonialstreben der Republik Österreich nicht mit jenem der Habsburgermonarchie zu vergleichen, und auch in Russland wird Österreich nicht als Gegner auf der Weltbühne der Diplomatie wahrgenommen.

Wohlwollend wird in Moskau auch gesehen, dass österreichische Spitzenpolitiker immer wieder die Aufhebung der wegen der Krim-Annexion verhängten Russland-Sanktionen verlangen. Auch dass Österreich kein NATO-Mitglied ist, macht es in den Augen der Russen zu einem idealen Vermittler zwischen Moskau und dem Westen. Nichtsdestotrotz lehnte Russland vor Kurzem die österreichischen Vermittlungsbemühungen zur Lösung des Syrien-Konflikts ab.

Russen und Österreicher verfassten gemeinsam Geschichtsbuch

Die russisch-österreichische Historikerkommission hat kürzlich ihr Buch “Österreich – Russland. Stationen gemeinsamer Geschichte” vorgestellt. Stefan Karner, Vorsitzender der Kommission und Herausgeber des Bandes, berichtete am russischen Kulturinstitut in Wien, dass die gemeinsame Arbeit nicht immer einfach gewesen sei.Wien. Die russisch-österreichische Historikerkommission hat kürzlich ihr Buch “Österreich – Russland. Stationen gemeinsamer Geschichte” vorgestellt. Stefan Karner, Vorsitzender der Kommission und Herausgeber des Bandes, berichtete am russischen Kulturinstitut in Wien, dass die gemeinsame Arbeit nicht immer einfach gewesen sei.

Laut Karner, der 1991 als erster westlicher Forscher Zugang zu den bis dahin geheimen Archiven der früheren sowjetischen Geheimdienste NKWD bzw. KGB erhielt, war die Herausgabe des Bandes im Jahr 2014 als “Lehrbehelf” angeregt worden. An dem 228-seitigen Buch seien 26 Autoren beteiligt gewesen, jedes der elf Kapitel sei von russischen und österreichischen Autoren gemeinsam verfasst worden. “Ohne Kompromisse ging es nicht”, sagte Karner und verwies damit auf die unterschiedliche Geschichtsrezeption der beiden Staaten. Es habe viele Diskussionen gegeben, bei denen teils über “Beistriche” debattiert worden sei.

Das Buch, das die russisch-österreichische Geschichte seit dem 16. Jahrhundert beleuchte, erscheine auch in russischer Sprache. “Der Umschlag ist anders, der Inhalt derselbe”, sagte Karner. Besonders bei der Übersetzung des Bandes ins Russische sei es schwierig gewesen, einen Konsens mit den russischen Kollegen zu finden.

“Meilenstein der Zusammenarbeit”

Die 2008 gegründete russisch-österreichische Historikerkommission habe die Aufgabe, die “Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten”. Karner betonte, dass man, selbst wenn die “Sichtweisen nicht immer deckungsgleich” gewesen seien, sowohl “wissenschaftlich” als auch “menschlich” gut zueinander gefunden habe. Der Vertreter des russischen Kulturinstitutes, Jurij Saitschew, nannte das Buch ein “schönes Geschenk” zum zehnjährigen Bestehen der Historikerkommission.

Barbara Stelzl-Marx, Leiterin des von Karner 1993 gegründeten Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung, nannte das Buch einen “Meilenstein der Zusammenarbeit”. Denise Quistorp-Rejc vom Außenministerium sprach von einem “erfreulichen und bedeutenden” Anlass. Die Wissenschaft sei in allen Belangen auch für die Außenpolitik und die Diplomatie wichtig, denn diese brauchten “wissenschaftlichen Input und Verständnis”. Das Buch, das sie als “Geschichtsbuch für die Zukunft” bezeichnete, stelle darum einen “substanziellen und fundierten Beitrag” dar.

APA/red

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